Ich gebe offen zu, ich habe eine wirklich gute Erklärung, wie ich zum Raucher wurde. Schuld daran war der Gruppendruck. Weil fast alle meine Klassenkameraden so mit 12-13 Jahren heimlich zu rauchen begannen, wollte ich auch kein Lulu bleiben und griff zum Glimmstängel. Ähnlich erging es offensichtlich auch Werner Kogler, der den Begriff „Lulu“ zur politischen Kategorie erhob, als er seine Chance auf das Vizekanzleramt erkannte. Er sagte sich: „Sei kein Lulu und greif zu!“ Allerdings nicht zur Zigarette, sondern nach der Macht. Koste es, was es wolle.
Was interessiert Werner sein Geschwätz als Oppositionspolitiker, was interessiert ihn seine Haltung zu Anstand und politischer Moral? Was interessiert ihn heute, worüber er noch vor 10 Jahren lamentierte: „Es muss endlich Schluss mit dem rotschwarzen Postenschacher sein. Wir müssen in Österreich wichtige Stellen wieder danach besetzen, was wer kann, und nicht, wen wer kennt oder welches Parteibuch wer hat.“
Die Verführung zur Macht war viel zu groß, einem moralisch verwerflichen Postenschacher zu widerstehen. Nicht geklärt ist die Frage, was stärker war, der Druck des türkisen Regierungspartners, den unmoralischen – möglicherweise sogar rechtswidrigen – Sideletter zu unterschreiben oder die Sehnsucht nach Macht. Vielleicht spielte sich die Situation so ab: Halb zog ihn Kurz zum Sideletter, halb sank er selber zur Unterschrift hin. Somit bleibt das „Beste aus beiden Welten“ wohl der Kuchen, den man sich wie eine Beute aufteilt.
Jedenfalls steht heute fest, es war Koglers erster Schritt zum Verrat an seinen Wähler*innen, die ihn und seine Partei wieder ins Parlament zurückgeholt hatten. Viele weitere verräterische Schritte sollten folgen. Siehe auch den Beitrag „Das Beste aus beiden Welten“
Nachsatz:
Wenige Jahre später gab ich das Rauchen wieder auf und lebe seither als glücklicher Nichtraucher. In wenigen Jahren ist Werner Kogler wieder Oppositionspolitiker oder Politpensionär und kann sich wieder dem Anstand und der moralischen Haltung widmen. Was dann von ihm bleibt? Keinesfalls seine Glaubwürdigkeit, die ist wohl für immer dahin. Schuld daran? Der Gruppendruck, ein Bündnis mit der Volkspartei – welch ein Widerspruch im Namen – zu schließen.