Litigation-Public Relation und die ÖVP

Ein sperriger, juristischer Fachbegriff geistert in jüngster Zeit durch die Medien: Litigation-Public Relation. Was bedeutet dieser Begriff? Was sagt Wikipedia dazu?

„Litigation-PR (etwa „Öffentlichkeitsarbeit im Rechtsstreit“, auch strategische Rechtskommunikation oder prozessbegleitende Öffentlichkeitsarbeit) ist eine Form der Pressearbeit, bei der die Kommunikation nach außen vor, während und nach juristischen Auseinandersetzungen gesteuert wird. Ziel der Litigation-PR ist es, die juristische Strategie der beteiligten Staatsanwälte und Verteidiger zu unterstützen, das Ergebnis der juristischen Auseinandersetzung mithilfe der Öffentlichkeit zu beeinflussen und gleichzeitig Schäden an der Reputation des Mandanten zu vermeiden. Sie ist verwandt mit Reputationsmanagement und Krisen-PR.“

Soweit Wikipedia. Nun, wie geht die ÖVP mit diesem neumodischen Marketingtool um? Hat sie doch in naher Zukunft einige juristische Krisen zu bewältigen. Mal überlegen, wie könnte dieses Tool in der beschriebenen Form für sie nützlich sein?

Bekanntlich ist die Partei selbst nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (welch ein juristisches Wortungetüm) von strafrechtlichen Ermittlungen durch die WKStA betroffen und möglicherweise künftig mit handfesten Strafverfahren konfrontiert. Noch gilt die Unschuldsvermutung. Weiters ermittelt die Behörde gegen zahlreiche, dem Parteiumfeld nahestehende Personen. So zum Beispiel, gegen rund 40 Personen allein in der Casinoaffäre und weitere Causen laufen parallel. Statt anzuerkennen, dass manches in de„ÖVP-neu / Liste Kurz“ – kurzerhand, die Türkisen genannt – falsch gelaufen ist, gilt noch immer die archaische Uralt-Strategie: „Angriff ist die beste Verteidigung.“ Die klassische Methode ist in Anwendung, also gilt: Abstreiten, leugnen, vernebeln, verharmlosen, denunzieren. Gilt es doch, eine erkleckliche Anzahl an Wahlberechtigten weiterhin bei der Stange zu halten und größeren Imageschaden für die Partei zu vermeiden.

Die Partei bleibt bodenständig und hat mit so einem neuartigen Zeugs, wie Public Relation, derzeit wenig am Hut. Da oder dort ein zögerlicher Versuch, beispielsweise, ein Universitätsprofessor schreibt ein Privatgutachten auf dem Briefpapier der Universität-Wien, wie legal die Handlungen der türkisen Truppe waren. Die Realität mit ihren laufend aufpoppenden Ereignissen schwappen diese Versuche als nutzlos hinweg. Also sollen andere, profanere Mittel helfen, die Krisen in Zaum zu halten.

In letzter Konsequenz hat die Litigations-PR aber auch nur ein Ziel: Strafverfahren und die zugrunde liegenden Straftaten in der öffentlichen Meinung – vorsichtig ausgedrückt – in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Sie ist jedoch die feinere Klinge in der Auseinandersetzung mit der öffentlichen Meinung zu vermuteten Straftaten. Im schlechtesten Fall kann eine solche zielgerichtete Pressearbeit sogar zur Beeinflussung / Verfälschung von Gerichtsverfahren führen. Beispielsweise, wenn durch diese strategische Öffentlichkeitsarbeit Geschworene bereits vor oder während laufender Gerichtsverfahren, in eine ganz bestimmte Richtung beeinflusst werden sollen. Was im Sinne einer fairen und gesetzeskonformen Gerichtsbarkeit nicht gewünscht sein kann.

Vielleicht wird dieses Tool erst, wenn es zu Anklagen kommt, für die Partei relevant. Einstweilen versucht man es noch mit der groben Tour und setzt auf Strategien der Ablenkung, wie oben beschrieben.

Rote Netzwerke in der WKStA

Als die ersten Untersuchungsvorhaben der WKStA (Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft) im Zuge der IBIZA-Ermittlungen gegen die Spitze der ÖVP, namentlich gegen den damaligen Parteiobmann und Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage im IBIZA-Untersuchungsausschuss, oder gegen den ehemaligen Finanzminister Gernot Blümel als Beschuldigter bekannt wurden, tobte ein Sturm der Entrüstung durch die Reihen der ÖVP-Granden. Die erstaunte Frage wurde ungeniert gestellt: „Ja, dürfen´s den des?“ Sofort wusste man die Drahtzieher hinter der Malaise zu orten: Es waren die roten Netzwerke innerhalb der WKStA, die den Türkisen vorsätzlich und in böswilliger Absicht Ungemach bereiten wollen. Selber sei man völlig unschuldig und man wüsste, die Beschuldigungen werden sich rasch in Luft auflösen. Fairerweise muss man anerkennen, es wurden tatsächlich einige Untersuchungen, z.B. gegen Gernot Blümel, von der WKStA eingestellt. Doch die wirklich großen Brocken liegen noch am Weg und wiegen schwer. Wie die „Roten Netzwerke“ in der WKStA gebildet wurden, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden, zumal die SPÖ seit vielen Jahren keine Mitsprache bei Personalentscheidungen in der Justiz hatte. Die Tatsachen sind ganz einfach erklärt. Es gibt dort keine roten Netzwerke, sondern nur Staatsanwälte, die einfach ihre Arbeit machen. Aber als Begründung für das türkise Ungemach, taugte dieser Hinweis für die Öffentlichkeit und alle, die daran glauben wollen, allemal.
Umgehend trat Kanzler Kurz vor die Presse und lancierte die Behauptung, die WKStA arbeite nicht rechtskonform, die Verfahren dauern alle zu lange, Beschuldigte stünden unnötig lange unter Verdacht. Bundeskanzler Kurz drückte bei dieser Presseerklärung voll auf die Tränendrüsen zugunsten Beschuldigter – wohl auch auf seinen eigenen – und stellte die Forderung auf: Die WKStA müsse sofort aufgelöst und schleunigst in die normale Staatsanwaltschaft integriert werden. Die Sache hatte jedoch einen Haken. Das Justizministerium unterstand seit dem Einstieg des grünen Regierungspartners, erstmals seit vielen Jahren, nicht mehr der ÖVP. Die Grünen traten, ob so viel Enthusiasmus für Veränderung, jedoch voll auf der Bremse.

Der damalige Innenminister und heutige Bundeskanzler Karl Nehammer legte noch nach. Er forderte – offensichtlich in weiser Voraussicht, was noch kommen möge – eine dringende Gesetzesänderung, wonach es Untersuchungsbehörden verboten sein sollte, Hausdurchsuchungen in Behörden und Ämtern durchzuführen. Auch damit biss die ÖVP bei den Grünen auf Granit. So nahm das Unheil weiter seinen Lauf, denn die WKStA untersuchte trotz schlechter Nachrede stoisch und unbeirrt weiter.

Die Chatprotokolle des MMag. Thomas Schmid

Ein Unglück kommt selten allein. Diese Lebensweisheit musste die ÖVP am eigenen Leib erfahren, als die WKStA beim ehemaligen Generalsekretär im Finanzministerium und nachmaligen ÖBAG-Chef, MMag. Thomas Schmid, eine Hausdurchsuchung durchführte. Die Ermittler konfiszierten sein Diensthandy. Wie klug von ihm – vielleicht gab es davor schon einen konspirativen Zunt – dass er in weiser Voraussicht alle Chats auf diesem Handy gelöscht hatte. So konnte er es beruhigt den Beamten übergeben. Blöd für Schmid und die ÖVP lief, die Beamten fanden auch die Backup-Box, auf dem alle Chats sorgfältig extern gespeichert waren. Insgesamt über 300.000 (!) Nachrichten. Diesen Fund könnte man damit vergleichen, als würde die ÖMV im Waldviertel ein riesiges Ölfeld und gleichzeitig auch ein riesiges Gasfeld entdecken und damit unser Land von der Energieknappheit erlösen. Mit diesem Fund wurde eine neue Qualität bei den Ermittlungen der WKStA eingeleitet.

Tröpferlweise drangen aus diesen Chatprotokollen Kommunikationsfetzen an die staunende Öffentlichkeit, wie: „Ich liebe meinen Kanzler“ oder eine andere, nette Nachricht vom geliebten Kanzler an Schmid: „Kriegst eh alles“ oder „Du Aufsichtsratssammler“ oder von Gernot Blümel an Schmid: „Du bist Familie“. Zusammengefasst, es wurde ein Sittenbild einer Staatsführung sichtbar, wie man es auf den Schulhöfen pubertärer Jugendgruppen nicht infantiler erleben kann. Kurzum, Infantilismus und Überheblichkeit traf auf Machtrausch, eine toxische Mischung. Einem derart widerwärtigen Stil einer Staatsführung ist schließlich auch mit wohlbegründeten Gegenargumenten nicht mehr beizukommen, obwohl die ÖVP dies mit Kräften versuchte und weiter versucht. Derweil klopft die WKStA die Chats weiter auf strafrechtliche Relevanz ab und wurde offensichtlich weiter fündig.

Mag. Andreas Hanger, harter Hammer statt geschliffener Litigations-PR

Am 22. Jänner 2020 wurde der parlamentarische Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (kurz als Ibiza-Untersuchungsausschuss bezeichnet) eingesetzt. Man erinnere sich, die IBIZA-Affäre entsprang jenem „berauschenden“ Abend auf der gleichnamigen Ferieninsel, bei der Christian Strache, späterer Vizekanzler der türkis-blauen Regierung, einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte partout die Kronen Zeitung andrehen wollte. Straches Kalkül: Zack-zack die Journalisten auswechseln und durch willfährige ersetzen. So könnte die Zeitung die FPÖ auch redaktionell für den Wahlkampf puschen. Im Gegenzug, wenn die Wahl gewonnen wird, könnte die Oligarchin frei Hand vergeben, lukrative Staatsaufträge bekommen. An diesem Abend sind auch sonst zahlreiche Sätze gefallen, die an den Grundfesten unseres Staates rüttelten, etwa die Auskunft: „Novomatic zahlt alle“. Gemeint war damit, alle Parteien bekommen von den üppigen Gewinnen der Novomatic was ab. Oder, wie Geld aus illegaler Parteienfinanzierung ganz elegant über parteieigene Vereine, vorbei am Rechnungshof als Prüforgan, in die Parteikassen geschleust werden kann.
Was sich also am Beginn des Untersuchungsvorganges der Parlamentarier als politische Abrechnung gegen die FPÖ richtete, wurde bald zum politischen Waterloo der Türkisen bei der Beurteilung, die türkis-blaue Regierungsperiode unter Sebastian Kurz betreffend, die damals bereits Geschichte war.

Der von den Türkisen eingesetzte Fraktionsvorsitzende für den Untersuchungsausschuss, Mag. Wolfgang Gerstl, berief zwar laufend Pressekonferenzen ein, um die im Ausschuss erhobenen Vorwürfe gegen die Türkisen medial zu relativieren. Allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Berühmt wurde eine seiner letzten Pressekonferenzen unter Journalisten, bei der er mangels Argumente in der Sache, alle Journalistenfragen mit dem immer gleichen Standardsatz in einer Art Dauerschleife beantwortete, ohne auf die gestellten Fragen direkt Bezug zu nehmen. Ein Skiunfall befreite ihn schließlich von dieser überfordernden Aufgabe.

Das war die Stunde des Mag. Andreas Hanger. Der Bürstenhaar-köpfige Hinterbänkler des Nationalrats trat zur Verteidigung der ÖVP als neuer Fraktionsvorsitzender für den Untersuchungsausschuss an die Front und leistet seither ganze Arbeit. In Kampfhahn-Haltung, skurril bereits in seiner Erscheinung, kämpft er verbal und gestenreich alles hinweg, was sich der Partei so an schlechter Nachrede in den Weg stellt. Wenn auch die Fakten erdrückend sein mögen, Hanger findet immer einen Weg, allen anderen die Schuld an den erhobenen Anschuldigungen umzuhängen. Seine Pressekonferenzen sind Medienereignisse, nicht wegen der Botschaften, die er zu verkünden hat, sondern ob seiner einzigartigen Erscheinung. Schrullig und skurril zugleich.

Das ging sogar so weit, dass das Online-Satireportal, „Die Tagespresse“, die ÖVP wegen unlauteren Wettbewerbs klagte. Die Klage selbst war natürlich ein Satire-Projekt, aber es sollte die Absurdität der Verteidigungsstrategie der ÖVP durch Hanger sichtbar machen. Das Magazin begründete die Klage damit: „Wer braucht noch Satiriker, wenn es einen Politiker gibt, der ganz zweifellos hervorragende Satire betreibtHanger werde für das Satireportal zur „immer härteren Konkurrenz“ und führe das Publikum in die Irre, indem er sich als Politiker geriere.“ 

Die Tagespresse stellte den Antrag, das Gericht möge verfügen: „… dass Herr Mag. Hanger, sich fortan durch einen 3 x 4 cm großen Anstecker gut sichtbar als Satiriker zu bezeichnen und durch Schaltungen auf Standard, Krone und ORF 2 die Bevölkerung aufzuklären habe.

Es war erwartbar. Hanger widersprach dem Online-Portal in der Klagebeantwortung. Er behauptete weiterhin fest und steif, er sei kein Satiriker, sondern ausschließlich ernsthafter Politiker. Zu guter Letzt, als im Land über Hanger genug gelacht wurde, zog die „Die Tagespresse“ die Klage wieder zurück. Grundsätzlich ist es ja begrüßenswert, wenn Politiker Humor besitzen. Aber im konkreten Fall bleibt jedem halbwegs aufrecht denkenden Demokraten das Lachen im Halse stecken. Denn immerhin geht es in der Sache um schwerwiegende Vorwürfe strafrechtlicher und demokratiepolitischer Natur, die allesamt im Widerspruch mit der Rechtschaffenheit einer Partei stehen, von der man staatstragendes Verhalten zum Wohle der gesamten Gesellschaft erwartet. Da hört sich der Spaß auf!

Mit den Stimmen der Regierungsparteien wurde dieser Untersuchungsausschuss nicht mehr verlängert, obwohl noch viele Fragen unbeantwortet blieben. So ging dieser Untersuchungsausschuss am 21.09.2021 mit einer abschließenden Debatte des Abschlussberichtes des Verfahrensrichters zu Ende. Wen wundert es, dass zwischen der ÖVP und allen anderen Parteien die Ergebnisse dieses Verfahrens völlig unterschiedlich bewertet wurden? Aus der Sicht von Andreas Hanger hat der Abschlussbericht des Verfahrensrichters alle Vorhaltungen widerlegt. „Dieser Ibiza-Untersuchungsausschuss war leider ein Unterstellungsausschuss“, meinte er mit Verweis auf Untersuchungen rund um mutmaßliche Parteispenden über ÖVP-nahe Vereine. Es habe niemals Fälle von Gesetzeskauf gegeben. Man könnte also meinen, die ÖVP und die restlichen Parlamentsparteien saßen in zwei verschiedenen Untersuchungsausschüssen. Hangers „harter Hammer“ bewirkt für die Partei nichts Positives, nichts Konstruktives in der Bewältigung der Krise. Im Gegenteil, er zerstört den letzten Rest an Glaubwürdigkeit, die aktuellen Umfragen sprechen dazu eine deutliche Sprache. Im Bild der Fußballsprache ausgedrückt, er ist reif für den Austausch.

Der Grünen Spagat

Es lohnt sich tatsächlich zu einer Replik auf die Ereignisse dieses parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Denn die Vorgänge, die dieses Verfahren prägten, waren in der Geschichte der 2. Republik wohl einzigartig. Es begann schon damit, dass die Rolle der Grünen sich als sehr diffizil gestaltete. Einerseits waren sie mit der ÖVP in einer Regierung, also galt es, den Regierungspartner nicht allzu sehr mit heiklen Fragen zu pisaken, aber andererseits auch nicht als Blockierer von Kontrolle in der Öffentlichkeit aufzufallen. Der Grünen Vorteil, die Ereignisse, auf die es ankam, lagen in einer Zeit, als sie noch selbst Oppositionspartei und teilweise nicht einmal im Nationalrat vertreten waren. Trotzdem wurde die Angelegenheit zu einem Balanceakt für sie. Beabsichtigen sie an der angestrebten Aufklärung von Missständen gegen die Volkspartei in voller Härte mitzuwirken oder ist ihnen die Rolle als Regierungspartei wichtiger? Das war die entscheidende und heikle Frage! Schon der Start in das Verfahren begann mit einem Rechtsstreit. Die ÖVP wollte den Untersuchungsumfang sehr eng fassen, sodass tatsächlich nur die Rolle der FPÖ zur Debatte stehen sollte, sie selbst von Untersuchungen unbehelligt bliebe. Die Opposition, zu der nun auch die FPÖ gehörte, wollte den vollen Umfang, aus guten Gründen. Also sahen die Grünen für ihre Rolle nur den Ausweg, den Verfassungsgerichtshof anzurufen, der über den zulässigen Untersuchungsumfang, quasi als Schiedsrichter, entscheiden sollte. Als Oppositionspartei sind sie immer für einen möglichst breiten Untersuchungsrahmen bei der parlamentarischen Kontrolle eingetreten. Doch diesmal war die Lage anders, schwieriger. Plötzlich konnten sie nicht mehr selbst entscheiden, was sie wollten. Der VfGH entschied für das volle Untersuchungsprogramm. Sigrid Maurer, als Klubobfrau der Grünen zuckte mit den Schultern zum Entscheid des VfGH und meinte: „Wir wollten es ja nur wissen“. Das Verhalten der Klubobfrau Maurer wird in der Folge noch öfter unangenehm in der Öffentlichkeit auffallen. Die Vorarlbergerin Nina Tomaselli wurde zur Fraktionsführerin des Untersuchungsausschusses der Grünen bestimmt und lieferte in der Folge gute, wohlbekannte Kontrollarbeit der Grünen ab. Dagegen versuchte Sigrid Maurer reine Regierungsarbeit zu leisten und pflegte ein auffallend freundschaftliches Verhältnis zu ihren Klubkollegen August Wöginger von der ÖVP, den sie liebevoll „Gust“ nannte. Das waren die zwei Herzen in der Grünen Brust in diesem kritischen politischen Komplex.

Rekordverdächtige Erinnerungslücken

Bei der Betrachtung der Ereignisse des IBIZA Untersuchungsausschusses sollte man das Rechtskonstrukt des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses erst einmal grundsätzlich an seiner Rechtsabsicht ansehen. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss ist ein verbrieftes Recht der Opposition, welches das Ziel verfolgen sollte, die Regierungsarbeit zu kontrollieren und mögliche Mängel und Defizite festzustellen und aufzuzeigen. Dass es hierbei ganz generell zu Auffassungsunterschieden kommen kann, liegt schon in der Natur der Sache. Die Opposition wird versuchen, die Kontrollmöglichkeit auch für ihre politische Agitation auszunützen, während die Regierungsmehrheit diese Kontrolle möglichst niederschwellig halten möchte, oder gar zu verhindern versucht. In diesem Spannungsfeld verlief auch dieser Ausschuss, bei dem natürlich zahllos politisches Kleingeld gewechselt wurde. Er brachte dennoch einige Highlights ans Tageslicht, die in dieser Form einzigartig waren.

Nachdem die Querelen beim Start ins Untersuchungsvorhaben einigermaßen beseitigt wurden, durfte es losgehen. Ladungen von Zeugen und Auskunftspersonen wurden ausgeschickt, Unterlagen aus den Ministerien angefordert, allen voran aus dem Finanzministerium. Erfahrungsgemäß werden Akten oftmals mehr oder minder stark geschwärzt angeliefert, meist mit Datenschutz-rechtlichen Bedenken begründet. Doch diesmal weigerte sich der Finanzminister Blümel überhaupt Akten zu liefern. Die Opposition rief wieder einmal den Verfassungsgerichtshof an, Gernot Blümel holte sich Argumentationshilfe für seine Weigerung bei einigen Rechtsgelehrten und ließ den Steuerzahlern dieses juristische Wissen rund 180.000 Euro (!) kosten. Das waren die Kosten für 7 Gutachten, die seine ablehnende Haltung stützen sollten. Jeder sparsame Bürger darf sich die Frage stellen: War das nur sinnlose Verschwendung von Steuermitteln oder liegt in diesem Fall bereits Amtsmissbrauch vor?

Während sich der Verfassungsgerichtshof mit Verfahrensfragen beschäftigte, wie die Aktenlieferung aus dem Finanzministerium zu handhaben sei, wurden Zeugen im Untersuchungsausschuss befragt. So kam es auch zu Befragungen des Bundeskanzlers Sebastian Kurz und des Finanzministers Gernot Blümel. Beide überboten sich mit Erinnerungslücken zu Ereignissen, die erst wenige Monate zurücklagen. Der Bundeskanzler konnte sich zu mehr als 30 Vorkommnissen nicht erinnern, Blümel brach jedoch mit Abstand den Rekord. Er konnte 87 Mal signifikante Fragen nicht beantworten, weil er sich angeblich nicht daran erinnerte. Das ging sogar so weit, dass er nicht einmal die Frage beantworten konnte, ob er einen Dienst-Laptop besaß. Damit war wohl klar, dass beide Akteure den gewählten Volksvertretern in voller Überheblichkeit einfach die Kontrolle über ihre Handlungen verweigerten. Im Falle von Sebastian Kurz sollte man bedenken, er war zu diesem Zeitpunkt der Parteiführer einer staatstragenden Partei und zur Einhaltung aller Gesetze per Eid auf die Verfassung als Bundeskanzler verpflichtet. Der Vorwand der Vergesslichkeit hatte jedoch einen handfesten Grund. Es galt einfach konkrete Auskünfte zu verweigern und so der Wahrheitspflicht bei der Beantwortung der gestellten Fragen zu entgehen. Dennoch konnten die Parlamentarier Sebastian Kurz unwahre, oder zumindest unrichtige Aussagen nachweisen, weswegen er eine strafrechtliche Untersuchung wegen Falschaussage im Untersuchungsausschuss bei der WKStA auslöste und es noch zu einem Strafverfahren in dieser Sache gegen ihn kommen kann.

Der Bundespräsident Van der Bellen als Exekutor

„Es gibt eine Entwicklung, die es in der 2. Republik noch nie gab“. Mit diesen bedeutungsvollen Worten kündigte der Bundespräsident Van der Bellen eine Presseerklärung an. Was war geschehen? Der Bundespräsident wurde durch den VfGH zum Exekutor bestimmt, um die Durchsetzung des VfGH-Erkenntnisses vom 3. März 2021, wonach das Finanzministerium die Akten zu liefern habe, zu ermöglichen. Durchzusetzen war, dass der Finanzminister zur Vorlage bestimmter Akten gegenüber dem Untersuchungsausschuss verpflichtet wird. Akten, die für die Arbeit des sogenannten Ibiza-Untersuchungsausschusses relevant sein sollen.

Man stelle sich einmal folgendes Bild vor: Der Bundespräsident, ein älterer, würdevoller Herr, der eigentlich nur für repräsentative Aufgaben sein Amt im Dienste des Staates ausübt, wird plötzlich zum profanen Gerichtsvollzieher, der möglicherweise mit einem Aufsperrdienst im Finanzministerium vorspricht, um auf Aktenordner im Ministerium den Kuckuck zu picken, damit diese endlich dem IBIZA-Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt werden. Einmalig bizarr der Gedanke. Jedoch nicht weniger beschämend für einen Amtsträger, der ebenfalls den Eid auf unsere Verfassung und die Einhaltung aller Gesetze geschworen hat. Der Finanzminister Gernot Blümel.

Soweit ist es schließlich doch nicht gekommen, der Bundespräsident beauftragte das Wiener Straflandesgericht mit der Umsetzung der Exekution.

Das konnte Herr Blümel nicht auf sich sitzen lassen. Noch am selben Tag lieferte er allerlei Dokumente in Papierform, in 204 Ordnern, verpackt in 30 Umzugskartons, also schon längst vorbereitet, an das Parlament aus. Allerdings versehen mit einer Finte. Diese Akten bekamen die höchste Geheimhaltungsstufe, kraft seines Amtes, verpasst. Also durften sie nur unter ganz bestimmten, sehr strengen Bedingungen von den Parlamentariern eingesehen werden, was Jahre gebraucht hätte, um sie alle zu sichten. Es wäre nicht Blümel, hätte die Geschichte nicht auch eine Pointe: Die Akten wurden von einem privaten Zustelldienst in einem Kastenwagen vom Finanzministerium ins Parlament transportiert. Bis dahin war von Geheimhaltung und Sicherheitsbedenken keine Rede. Nicht auszudenken, am Weg dorthin wären diese Kartons gegen andere ausgetauscht worden. Fakt ist, auch dieser Amtshandlung liegt genau jene infantile Chuzpe zugrunde, wie sie aus den Chats bekannt geworden ist.

Und nicht zu vergessen, die 180.000 Euro Steuergeld, die Gernot Blümel nutzlos verschwendete, um die Aktenlieferung an den Untersuchungsausschuss verhindern zu können.

Die Empörung unter den Parlamentariern der Oppositionsparteien wegen der Geheimhaltungsanordnung war entsprechend groß. Der Leiter der Finanzprokuratur Dr. Peschorn senkte den Grad der Geheimhaltung zwar wieder, doch das nützte nichts mehr. Im Untersuchungsausschuss sollten sie mit diesen Akten keine Freude mehr haben. Denn schon wenige Wochen später wurde der IBIZA-Untersuchungsausschuss mit den Stimmen der Regierungsparteien, Grüne und ÖVP, abgedreht. Man stimmte einer Verlängerung nicht mehr zu. Frau Maurer von den Grünen, richtete der SPÖ im arroganten Ton aus, man möge sie diesbezüglich nicht anbetteln, damit die Grünen für eine Verlängerung des Ausschusses eintreten sollten. Wenn die Opposition es wolle, könne sie einen neuen Untersuchungsausschuss einrichten. Weiters sorgten ÖVP und Grüne dafür, dass alle 2,7 Millionen Seiten an Unterlagen, die dem Ibiza-Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt wurden, geschreddert werden. Mit dabei die Unterlagen aus dem Finanzministerium. Nicht auszudenken, welche Geheimnisse bzw. Beweise dadurch für immer beiseite geräumt wurden. In letzter Konsequenz muss man anerkennen, die Heimtücke der ÖVP und ihrer Funktionäre haben diesmal das Kontrollrecht der Opposition voll ausgehebelt. Das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit hat einen deutlichen Schaden genommen. Zurück bleibt der schale Geschmack, die da oben können es sich richten, wenn sie es nur wollen.

Relativ zeitnah wurde tatsächlich der „ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss“, nämlich am 9. Dezember 2021 vom Nationalrat eingesetzt, der bis dato noch tagt.

Das Beinschab-Tool

Das Projekt „Ballhausplatz“, also jener Plan, der einen konspirativen, putschartigen Machtwechsel zugunsten der ÖVP einleiten sollte, hat eine lange Vorgeschichte. Sie begann genaugenommen mit der Wahlniederlage von 2006 unter Wolfgang Schüssel. Die ÖVP konnte damals nicht glauben, nicht mehr den Bundeskanzler stellen zu dürfen. Die Wähler mussten sich einfach geirrt haben, als man wieder die SPÖ als stimmenstärkste Partei wählte und dadurch wieder einen roten Kanzler am Ballhausplatz ermöglichte. Diesen Irrtum galt es raschest wieder zu korrigieren. Dennoch sollte es 10 Jahre und vieler Scharmützel und Intrigen zwischen ÖVP und SPÖ dauern, bis sich ein Erfolg versprechendes Zeitfenster auftat und ein junger Politstar im Dienste der ÖVP die Bühne betrat. Sebastian Kurz.

Es war zu jener Zeit, als die Große Koalition sich qualvoll durch den politischen Alltag plagte, ihre Umfragewerte Richtung Nullpunkt sank, und gleichzeitig über Europa und natürlich auch über Österreich eine Flüchtlingswelle schwappte. Österreichs jüngster Außenminister aller Zeiten, Sebastian Kurz, tingelte durch alle deutschsprachigen Fernsehstationen und verkündete in unzähligen Talkshows seine Theorien zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Das sollte für die Flüchtlinge nichts Gutes bedeuten. Da waren Grausamkeiten dabei, die gelernten Humanisten die Haare zu Berge stehen ließen. Stets verkündet mit einem klerikal-salbungsvollen Gestus und saften Schmelz in der Stimme.

Während also Sebastian Kurz auf der internationalen Bühne an seiner Bekanntheit arbeite, taten sich ein kleiner, konspirativer Kreis von Eingeschworenen zusammen, um auf seine Machtübernahme in der Partei und später im Land professionell hinzuarbeiten. Man musste und wollte Nägel mit Köpfen machen und durfte nichts dem Zufall überlassen. Dazu brauchte man Geld, um eine erfolgreiche Kampagne zu finanzieren. Aber Geld war keines da. Nachdem der Plan der Machtübernahme ja geheim bleiben musste, konnte man also die Parteikasse nicht anzapfen, die ohnehin leer war. Der amtierende Parteiobmann Reinhold Mitterlehner war in diesen Plan nicht eingeweiht, schließlich sägte man ja gerade an seinem Sessel.

Ein Glück, wenn man die richtigen Leute kennt. Eine davon war die damalige Familienministerin Sophie Karmasin. Sie entstammt einer Meinungsforschungsfamilie, machte in ihrem eigentlichen Brotberuf ebenfalls seit vielen Jahren Markt- und Meinungsforschung und hat dementsprechend gute Kontakte zu reichweitenstarken Medien, die gegen gutes Geld erfolgreiche Kampagnen durchziehen können. Ein erfolgreiches Konzept war schnell gebastelt, allein es fehlte noch immer das Geld. Ab hier kommt eine neue Person ins Spiel. MMag. Thomas Schmid, Generalsekretär im Finanzministerium, ein strebsamer Tiroler mit Ambitionen auf höhere Weihen, der das Pouvoir besaß, für sein Ministerium Inseraten- und Forschungsaufträge in bedeutender Höhe erteilen zu dürfen. Die Drehscheibe für die Finanzierung dieser Kampagne war gefunden. Frau Karmasin blieb im Hintergrund und überließ die Realisierung ihrer ehemaligen Mitarbeiterin, Sabine Beinschab, die sich gerade mit einer eigenen Meinungsforschungsagentur selbstständig gemacht hatte und an lukrativen Aufträgen interessiert war. Karmasin ließ sich den Verzicht auf Aufträge mit einer Provision abgelten. Das Konzept war einfach, aber genial, wie MMag. Schmid sagen würde. Es beruhte auf 3 Säulen:

  • Marktforschung, mit gut gebürsteten Ergebnissen zugunsten Sebastian Kurz.
  • Mediale Berichterstattung durch die Fellner Gruppe mit ihren reichweitenstarken Medien, die Gratiszeitung „Österreich“, sowie den TV-Sender „OE24“.
  • Finanzierung der Aktionen durch das Finanzministerium durch Inseratenvergabe an Fellner für positive Berichterstattung als Gegengeschäft und Vergabe von Marktforschungsaufträgen an Frau Beinschab. Der Schönheitsfehler: Alles getürkt mit Scheinrechnungen, auf Kosten der öffentlichen Hand. Die WKStA vermutet, dass so über 1 Million Euro den Besitzer wechselten.

Das Ganze nannte sich im internen Kreis „das Beinschab-Tool“. Fellner leistete ganze Arbeit. Tagtäglich erschienen in seinen Medien Jubelartikel über den genialen Sebastian und niederschmetternde Artikel über die schlechte, unfähige Große Koalition, garniert mit Grafiken aus zahllosen Umfrageergebnissen von Sabine Beinschab. Thomas Schmid zahlte aus dem Staatssäckel und kommentierte eifrig auf seinem Chatkanal. Die Aktion verfehlte nicht ihre Wirkung. Die großen Häuptlinge der ÖVP erkannten, mit Mitterlehner ist kein Staat mehr zu machen, ein neuer Obmann muss her. Erraten, auf Sebastian Kurz fiel die Wahl. Dieser zierte sich eine Zeit lang und verlangte Sondervollmachten, die man ihm bereitwillig gewährte. Somit waren es nur mehr ein paar kleine Schritte zur Machtübernahme. Aufkündigung der Großen Koalition, Ausrufung von Neuwahlen und ein fulminanter Wahlsieg durch Sebastian Kurz für die ÖVP. Garniert mit einer heftigen Wahlkampfkostenüberziehung von 7 Millionen Euro extra. Der Ballhausplatz war endlich erobert. Erstaunlich, wie einfach so eine Machtübernahme (oder sollte man eher Putsch dazu sagen?) funktionieren kann. Die Änderung der Parteifarbe von schwarz zu türkis sollte einen völligen Neubeginn der Partei, auch gegenüber der Öffentlichkeit, signalisieren.

Langes Fazit einer kurzen Ära

Wenn alle Stricke reißen, wird die ÖVP doch noch, als letzten Ausweg, auf die Wirkungen der Litigation-PR zurückgreifen müssen. Man wird auf das Weichspülen der möglicherweise angeklagten Sachverhalte, statt auf Ablenkung, Vertuschung und Denunziation setzen müssen. Nämlich dann, wenn die WKStA strafrechtlich fündig wird und die entsprechenden Beweise in Händen hat, um Anklage gegen die Partei selbst und ihre verantwortlichen Funktionäre, wie beispielsweise gegen den Ex-Parteichef mit Sondervollmachten, Sebastian Kurz, erheben zu können. Sind die Angelegenheiten schließlich bei den Strafgerichten angekommen, wird Mag. Hangers harter Hammer seine Wirkung verfehlen.

Voraussetzung für eine erfolgreiche prozessbegleitende Öffentlichkeitsarbeit ist, dass die Partei einen wichtigen Teil der Medien auf ihrer Seite hat, bzw. für sich instrumentalisieren kann und kritische Journalisten in der Öffentlichkeit weitgehend ungehört bleiben. Die Frage ist also, wieweit die einstmals treuen Medien da noch mitspielen und diese Strategie mittragen? Es bleibt also abzuwarten, ob die Journalistenschar bis dahin nicht schon längst weitergezogen ist und andere Schlagzeilen wichtiger sind als die Befindlichkeiten einer gebeutelten Partei. Man darf ja nicht vergessen, die Medienlandschaft als 4. Säule der Demokratie hat sich vom Hype um Sebastian Kurz auf sträfliche Weise vereinnahmen lassen und so ihren Ruf beschädigt. Die Vermischung von lukrativem Inseratengeschäft und gefälliger Berichterstattung leistet nun mal der Demokratie einen Bärendienst. Verlockend war ein gut gefüllter Topf für positive Berichterstattung regierungstreuer Medien. 210 Millionen Euro Werbebudget der Bundesregierung, der allein für diese Legislaturperiode verteilt werden soll, ist ja kein Pappenstiel. Auch das dürfte ein neuer Rekord sein. Manche bezeichnen es ganz schlicht als Inseratenkorruption.

So. Und wen wundert es? Der Einzige, der auf der Klaviatur des Marketing-Tools – Litigation-PR – perfekt spielt, ist Sebastian Kurz, heute wieder Privatier. Im Auftreten mit seinem Anwalt Dr. Werner Suppan, Ersatzmitglied am Verfassungsgerichtshof, bezahlt durch die ÖVP, spielt er bereits im Vorfeld einer möglichen Anklage das drohende Unheil herunter und beharrt auf seine völlige Schuldlosigkeit. Er habe niemals jemanden zu einer Straftat angestiftet, selbst auch nie eine begangen, was Thomas Schmid bei der WKStA aussagt, seien Lügen. Thomas Schmid versuche damit, den Kronzeugenstatus zu erreichen, weil er seine Haut retten wolle, lautet die Begründung. Ein Privatgutachten, jenes bereits erwähnte, welches auf dem Universität-Wien-Briefpapier ein Rechtsgelehrter schrieb, soll seine Unschuld schlüssig beweisen. Als weitere Beweise seiner Unschuld sollen sein kürzlich veröffentlichtes Buch und ein gefakter Telefonmitschnitt eines Telefongespräches mit Thomas Schmid dienen, in welchem Thomas Schmid ihn darin explizit nicht als Mittäter bezeichnete. Das alles soll ihn sozusagen über das Strafgesetzbuch hinweg erheben. Der Gesalbte ist über das Profane, die Justiz, erhaben, lautet die PR-Botschaft.
Für jene Fans, die an ihn glauben wollen, mögen das ausreichende Beweise sein, aber, ob sich die WKStA und in weiterer Folge Strafgerichte davon beeindrucken lassen, bleibt abzuwarten. Die Zahlungen des Finanzministeriums zugunsten des Beinschab-Tools so zu legalisieren, dass es kein Amtsmissbrauch, keine Veruntreuung von Staatsvermögen ist, dazu wird ein besonderer juristischer Trick der Geldreinwaschung nötig sein. Gelingt dies nicht, wird sich Sebastian Kurz als Person selbst und in seiner Eigenschaft als Parteiführer der ÖVP wohl der Verantwortung stellen müssen. Und zwar strafrechtlich, wegen Untreue und Bestechlichkeit als Beteiligter, Strafrahmen bis zu 10 Jahre Haft. Litigations-PR hin oder her.

Und wie es mit der Partei weitergeht, – ob türkis oder doch wieder schwarz – bleibt abzuwarten. Über den nicht strafrechtlichen Teil der beschriebenen Exzesse, und viele weitere, müssen wohl die Wähler entscheiden, ob die ÖVP auch in Zukunft Regierungsverantwortung in diesem Staate tragen soll. Oder ob ihr der Titel „staatstragend“ für immer aberkannt werden soll. Ja, man hat in den obersten Führungsgremien applaudiert, als eine kleine Gruppe von Anti-Demokraten den Rechtsstaat und die demokratische Grundordnung am Nasenring durch die Manege zog. Der Applaus war ihnen sicher, weil sie zeigten, wie man rücksichtslos Wahlen gewinnt. Aber auch den anderen im Parlament vertretenen Parteien kommt Verantwortung zu, nämlich, unter welchen Bedingungen sie in Zukunft mit der ÖVP eine Regierung bilden wollen und was sie selbst von sauberer Politik halten. Die Grünen werden sich am Ende dieser Legislaturperiode – wann immer dies sein wird – fragen müssen, ob das wirklich „das Beste aus beiden Welten“ war?

Keine gute Zeit für Pazifisten

Am 24. Februar 2022, frühmorgens, ist die Welt mit einem Knall eine andere geworden. Da ist etwas geschehen, woran niemand zu denken wagte. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz beschrieb dieses Ereignis treffend als „Zeitenwende“. Eine Atommacht griff einen anderen Staat an, um ihn in seinem Besitz zu bringen. Im zivilen Strafrecht würde man sagen: ein klassischer Raubüberfall.

Der russische Überfall auf die Ukraine ist mittlerweile 6 Monate alt. Was auf russischer Seite als „Spezialoperation“ deklariert wurde, die in wenigen Tagen, längstens in wenigen Wochen abgeschlossen sein sollte, ist nichts anderes als ein handfester Angriffskrieg der übelsten Art geworden. Putin´s Kalkül, die Ukrainer würden schon mit schwenkenden Fähnchen auf die russischen Besatzer warten, hat sich als Chimäre herausgestellt. So kam es, wie es kommen musste. Niemals hat Putin mit einem solch hartnäckigen Widerstand gerechnet. Man kann ihm schon heute prophezeien, sollte er sein „Kleinrussland“, wie er die Ukraine bezeichnet, jemals unter seine Kontrolle bringen können, was hoffentlich niemals passieren soll, er wird keine Freude daran haben. Das ist die eine, die schreckliche Perspektive dieses Krieges. Es ist verbunden mit unermesslichem Leid, Tod und Zerstörung von Existenzen in der Zivilbevölkerung. Aber auch umgekehrt, sollte die Ukraine diesen Angriff abwehren können, bedingt dieses Vorhaben ebenso eine enorme Kraftanstrengung und Opferbereitschaft der Bevölkerung, was wiederum mit Entbehrungen, Leid, Tod und Zerstörung verbunden ist. Und nicht zu vergessen, die enormen Kosten für einen Wiederaufbau.

Eine andere schreckliche Seite, die sich durch diesen Konflikt offenbart, ist die Ohnmacht und Ratlosigkeit des Westens darauf, gleich in mehrfacher Hinsicht. Schnell stellte sich heraus, Europa wäre einer mächtigen Aggression mit den bestehenden militärischen Möglichkeiten nicht gewachsen. Beispiel: Die deutschen Heeresverantwortlichen blickten in ihre Waffenarsenale und waren erstaunt. Die Bestände reichten gerade noch für Friedenszeiten als Drohkulisse, niemals für einen echten Kriegseinsatz.

Am Beginn des Krieges war hierorts die Empörung darüber groß, was sich Herr Putin da anmaßt. Sofort war man sich im Klaren, der Ukraine muss geholfen werden. Aber wie? Unmittelbar am Beginn der Putin´schen Spezialoperation war auch den Russen klar, dass ihre Westflanke völlig ungeschützt sei, sollte der Westen aktiv in diesen Konflikt eingreifen. Zum Schutz dieser Schwachstelle genügte eine handfeste, unverhohlene Drohung, Atomwaffen einzusetzen, sollte die NATO oder ein anderer Weststaat der Ukraine militärisch zu Hilfe eilen. Diese Drohung hat gewirkt. Die Westflanke war somit militärisch gesichert, die europäische Bevölkerung und ihre Politiker haben diese Einschüchterung verstanden. Niemand wollte eine Konfrontation mittels Waffengewalt mit einer Atommacht.

So ersann der Westen das Mittel der „Wirtschaftssanktionen“ und hoffte, damit den Krieg stoppen zu können. Jeder halbwegs denkende Mensch musste sich im Klaren sein, Wirtschaftssanktionen können kurzfristig einen von langer Hand vorbereiteten Krieg nicht verhindern, ja, nicht einmal beeinflussen. Die Waffen, die Russland heute in der Ukraine einsetzt, sind schon vor vielen Jahren produziert worden, zum Teil noch in der Sowjet-Ära, und massenweise vorhanden. Die Soldaten werden in Rubel bezahlt, davon kann Putin tonnenweise drucken lassen. Also gibt es für Putin keinen materiellen Grund, wegen der Sanktionen, die er offenbar auch einkalkulierte, von seinem Vorhaben, Krieg zu führen, abzulassen. Es bedeutet aber nicht, dass die Sanktionen der russischen Wirtschaft nicht schaden würden. Aber sie sind untauglich, jetzt den Krieg zu beenden! Ergänzend zu den Wirtschaftssanktionen stellte man der Ukraine allerlei Waffen und Munition zur Selbstverteidigung zur Verfügung. Bei schweren Waffen und Kriegsgerät brach in vielen westlichen Regierungsstuben Zweifel aus, ob man diese der Ukraine überlassen sollte, überlassen könne, angesichts der nuklearen Bedrohung durch Russland. Die Deutschen sandten unter großen bürokratischen Hürden erst einmal vorsorglich 5.000 Helme in die Ukraine, die Verteidigungsministerin Christine Lamprecht (SPD) feierte dies als humanitär-militärische Großtat. Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko quittierte diese Leistung mit der ironischen Ansage: „… und für 5.000 Kopfkissen wären wir auch sehr dankbar.“ Diese Ironie bringt die lächerliche deutsche Haltung zu dieser ernsten Lage der Ukrainer auf den Punkt. Immer wieder besann man sich der Drohung Russlands, für die Parteinahme zugunsten der Ukraine mit Atomwaffen bestraft zu werden und bekam kalte Füße. Nicht minder wirkungsvoll war die russische Drohung, den Gashahn nach Europa abzudrehen. Allen voran, die deutsche Sozialdemokratie trug ihre Zweifel offen zur Schau und man verschanzte sich hinter Bürokratie und rechtlichen Formalismen, um die benötigten und ursprünglich per Regierungsbeschluss großzügig zugesagten schweren Waffen nicht (sofort) liefern zu müssen.

Gleichzeitig traten wenige Tage nach Kriegsbeginn selbsternannte Friedenstauben, sogenannte pazifistisch eingestellte Intellektuelle auf den Plan, die den Kanzler aufforderten, keine schweren Waffen an die Ukraine zu liefern und stattdessen die ukrainische Staatsführung zu Friedensverhandlungen – mitten im Abwehrkampf – zu „motivieren“. Berühmt wurde der Offene Brief an den Bundeskanzler Olaf Scholz in der Frauenzeitschrift „Emma“, der Feministin Alice Schwarzer, der von einer Reihe friedensbewegter Intellektuellen unterzeichnet wurde.

Frieden auf den langen Tisch geschoben.

Putin hatte derweil eine ganz andere Agenda, Frieden war da nicht dabei. Für ihn zählte das Ziel, Tatsachen durch Landgewinn zu schaffen. Doch die ach so klugen, intellektuellen Köpfe negierten die Tatsache, dass Putin an Friedensgesprächen keineswegs interessiert war, weil sie ihm in seinen Absichten zuwider liefen. Mit wem sollte also die ukrainische Führung verhandeln? Alle internationalen diplomatischen Bemühungen und Gespräche, auch bereits vor Kriegsbeginn, sei es durch den französischen Präsidenten Macron, Bundeskanzler Scholz oder später durch UNO-Generalsekretär António Guterres endeten TV-gerecht am überdimensional langen Verhandlungstisch im Kreml. Die Botschaft dieser Bilder war eindeutig und klar: „Bleibt mir mit Eurem diplomatischen Geschwätz fern. Ich zieh´ mein Ding durch, egal was Ihr sagt.“ Zur Bekräftigung seiner Kriegsabsicht und wie wenig er von Diplomatie hält, ließ Putin einige Raketen Richtung Kiew abfeuern, just als Guterres sich dort zu Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj traf. Deutlicher konnte er seine Absichten, keinen Frieden zu wollen, nicht unterstreichen.

Trotzdem traten in deutschen Talkshows die selbsternannten Pazifisten reihenweise auf und erklärten wortreich, aber ohne sachlich stichhaltige Argumente vorzutragen, was gegen diesen Krieg zu tun sei. Realistisch gesehen? Nichts, denn Putin hört mit dem Schießen nicht auf.
Um zu verstehen, was diese selbsternannten Friedensverkünder anstreben, können wir wieder das zivile Strafrecht bemühen. Es ist nichts anderes, als würde man einem überfallenen Raubopfer zwar nicht zu Hilfe eilen, ihm aber raten, die Wertsachen dem Täter auszuhändigen und ihn ungestraft mit der Beute ziehen zu lassen. Im zivilen Strafrecht wären diese Ratgeber recht schnell selbst ein Fall für das Strafgericht, nämlich wegen des Tatbestandes der „Unterlassenen Hilfeleistung„. Warum sollte diese Rechtsnorm nicht auch im Völkerrecht gelten?

Die Bilanz nach 6 Monaten Krieg muss also sehr nüchtern ausfallen. Für die ukrainische Bevölkerung eine Schreckenszeit ohne Aussicht auf ein nahes Ende. Für die ukrainische Armee ein langsames Sterben, mit der Hoffnung verbunden, schließlich doch die Oberhand in dieser Auseinandersetzung zu gewinnen, so ferne der Westen uneingeschränkt hilft und unterstützt. Doch die ernüchterndste Bilanz dürfen wohl die Russen selbst ziehen. Was als Spaziergang der angeblich zweitstärksten Armee der Welt angelegt war, entwickelt sich zunehmend zu einem veritablen Desaster. Es zeigt sich tagtäglich, diese Armee ist viel schlechter als ihr Ruf. Wenn sie eines Tages aus der Ukraine abziehen müssen, werden sie ein riesiges Alteisenlager aus ihren üppigen Waffenbeständen hinterlassen. Die Ukraine wird zu Europas größtem Schrottplatz.

Die Auseinandersetzung mit Putin hat Europa eine Gasnotlage und Energiekosten zu Wucherpreisen beschert und die bange Sorge, hält der Zusammenhalt in den europäischen Zivilgesellschaften? Auch für sie gibt es schwerwiegende Einschränkungen im Alltag zu bewältigen. Inflation und unbezahlbare Energiekosten sind die TOP-Themen. Doch, einen positiven Aspekt gilt es auch in dieser schwierigen Zeit zu vermelden. Jetzt beginnt sich die Einsicht durchzuringen, fossile Energie war gestern, heute und in Zukunft dominiert die Forderung, endlich alternative, erneuerbare, CO2-freie Energiequellen sofort zu entwickeln! Das sich rasch verändernde Klima mit allen seinen negativen Begleiterscheinung verlangt dies ohnehin schon längst. Jetzt sind erfinderische Ingenieure und innovatives Unternehmertum, und nicht nur diese, gefordert, endlich den Ausstieg aus der fossilen Bedrohung für das Klima neu zu denken, neu zu entwickeln. Gelingt dies, ist Putin der Verlierer in diesem Machtpoker und die Welt kann ihm für sein schäbiges Verhalten sogar noch dankbar sein.

Doch was bleibt den friedensbewegten Pazifisten zu tun? Leider nicht viel. Kriegszeiten sind einfach keine gute Zeit für sie. Sie sind die Letzten, die Einfluss auf das reale Geschehen in der Welt nehmen können.

Gruppendruck

Ich gebe offen zu, ich habe eine wirklich gute Erklärung, wie ich zum Raucher wurde. Schuld daran war der Gruppendruck. Weil fast alle meine Klassenkameraden so mit 12-13 Jahren heimlich zu rauchen begannen, wollte ich auch kein Lulu bleiben und griff zum Glimmstängel. Ähnlich erging es offensichtlich auch Werner Kogler, der den Begriff „Lulu“ zur politischen Kategorie erhob, als er seine Chance auf das Vizekanzleramt erkannte. Er sagte sich: „Sei kein Lulu und greif zu!“ Allerdings nicht zur Zigarette, sondern nach der Macht. Koste es, was es wolle.

Was interessiert Werner sein Geschwätz als Oppositionspolitiker, was interessiert ihn seine Haltung zu Anstand und politischer Moral? Was interessiert ihn heute, worüber er noch vor 10 Jahren lamentierte: „Es muss endlich Schluss mit dem rotschwarzen Postenschacher sein. Wir müssen in Österreich wichtige Stellen wieder danach besetzen, was wer kann, und nicht, wen wer kennt oder welches Parteibuch wer hat.“

Die Verführung zur Macht war viel zu groß, einem moralisch verwerflichen Postenschacher zu widerstehen. Nicht geklärt ist die Frage, was stärker war, der Druck des türkisen Regierungspartners, den unmoralischen – möglicherweise sogar rechtswidrigen – Sideletter zu unterschreiben oder die Sehnsucht nach Macht. Vielleicht spielte sich die Situation so ab: Halb zog ihn Kurz zum Sideletter, halb sank er selber zur Unterschrift hin. Somit bleibt das „Beste aus beiden Welten“ wohl der Kuchen, den man sich wie eine Beute aufteilt.

Jedenfalls steht heute fest, es war Koglers erster Schritt zum Verrat an seinen Wähler*innen, die ihn und seine Partei wieder ins Parlament zurückgeholt hatten. Viele weitere verräterische Schritte sollten folgen. Siehe auch den Beitrag „Das Beste aus beiden Welten“

Nachsatz:
Wenige Jahre später gab ich das Rauchen wieder auf und lebe seither als glücklicher Nichtraucher. In wenigen Jahren ist Werner Kogler wieder Oppositionspolitiker oder Politpensionär und kann sich wieder dem Anstand und der moralischen Haltung widmen. Was dann von ihm bleibt? Keinesfalls seine Glaubwürdigkeit, die ist wohl für immer dahin. Schuld daran? Der Gruppendruck, ein Bündnis mit der Volkspartei – welch ein Widerspruch im Namen – zu schließen.

Das Beste aus beiden Welten

oder ein Bärendienst an der Demokratie?

Als in den ersten Jännertagen 2020 Sebastian Kurz und Werner Kogler die türkis-grüne Zusammenarbeit für die nächsten 5 Jahre mit dem Slogan „Das Beste aus beiden Welten“ medienwirksam verkündeten, ging ein Aufatmen durch das Land. Eine befürchtete, unheilvolle Neuauflage der türkis-blauen Koalition war abgewendet.
Zwei Jahre später betrachtet, war diese Aussage schon das Beste dieser türkis-grünen Koalition. Die totale Abdrift nach rechts wurde tatsächlich vorerst gestoppt.

Was aber auch nicht zu übersehen ist, ist, wie weit sich die grüne Führungsebene durch diese Zusammenarbeit von ihrem eigenen Basis-Werten, wie Offenheit, Transparenz, Humanität, Demokratieverständnis entfernt haben. Wie weit sich die politischen, moralischen und sozialen Ansprüche der ehemaligen Oppositionspartei, die sich selbst als Aufdeckerpartei immer verstanden haben wollte, von diesen Ansprüchen entfernt hat.
Mit der Geschichte der Grünen als Sauberpartei sind Namen, wie Peter Pilz, Gabi Moser, Rolf Holub aus Kärnten als unermüdliche Aufdecker von Missständen – durch Politiker verursacht – verbunden. Nichts davon ist mehr vorhanden. Eine Volksweisheit behauptet, „Geld verdirbt den Charakter“. Man könnte diesen Satz ergänzen mit „Macht verdirbt ihn erst recht.“

In diesen zwei Jahren ihrer Regierungstätigkeit gab es einige Entscheidungen, die Kopfschütteln auslösten, aber zwei Ereignisse waren wohl so gravierend, dass sie eine nähere Betrachtung verdienen:

1. Abkehr von der Transparenz

Als das Coronavirus, nur wenige Wochen nach Aufnahme der Regierungstätigkeit, das Land lahm legte und man die Zahlungen der Coronahilfen für Unternehmen wegen des Lockdowns gemeinsam mit dem Koalitionspartner zu organisieren hatte, war dieses Ideal bereits vergessen. Gut, die Ideen, Planungen und ministerielle Verantwortlichkeit dazu kamen von den Türkisen, vornehmlich von Gernot Blümel, dem Kanzler und seinem Beraterstab. Ziel: höchste Geheimhaltung bei der Abwicklung und Auszahlung der Coronahilfen. Aber ohne Zustimmung und Beitrag der Grünen wäre dies nicht möglich gewesen.

Die Idee war und wurde auch so realisiert, die Hilfen statt über die zuständigen Betriebsfinanzämter der Unternehmen laufen zu lassen, eine eigene Abwicklungsgesellschaft zu schaffen, namens COFAG, (Corona Finanzierungsagentur). Sie fungiert als eigenständige Rechtspersönlichkeit in der Rechtsform einer GmbH. Diese Gesellschaft agiert ausgegliedert, kann weder vom Rechnungshof, noch vom Parlament kontrolliert und geprüft werden. Sie zahlt zweistellige Milliardenbeträge an Steuergeldern aus, für die noch Generationen nachfolgender Steuerzahler blechen werden, ohne dafür jemals Rechenschaft abgelegt zu bekommen (!). Das bedeutet, der Finanzminister budgetiert den Geldbedarf für die Hilfszahlungen, überweist den errechneten Betrag an die COFAG. Was danach mit diesem Geld passiert, weiß niemand, außer ein paar Eingeweihte. Man muss schon sehr gutgläubig sein, um unter diesen Umständen keine missbräuchliche Verwendung von Steuergeldern zu befürchten.

Missbrauch, Verschwendung und möglicherweise sogar Untreue und Betrug sind in einer solchen Konstruktion Tür und Tor geöffnet. Es kann durchaus der Fall eintreten, dass wir von dieser Gesellschaft noch einiges hören werden. Wer kann es wissen?
Dass die Grünen, einer solchen intransparenten Konstruktion für die Verwendung von öffentlichen Steuergeldern in zweistelligen Milliardenbeträgen mit ihrer Zustimmung beitragen, ist mit ihren selbst auferlegten Werten völlig unvereinbar.

2. Verhinderung von Kontrolle durch das Parlament

Was Werner Kogler persönlich und dem Grünen Klub unter der Führung von Sigrid Maurer im Parlament niemals verziehen werden darf, ist die Weigerung der Verlängerung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses in der Sache „Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung“. Gernot Blümel, als amtierender Finanzminister, hat es geschafft, die Aktenlieferungen aus dem Finanzministerium mehr als 1 Jahr lang zu verzögern. Wie wir heute aus den Chats rund um Thomas Schmid wissen, ist offensichtlich genau das Finanzministerium die Drehscheibe und Finanzier des Medien-Manipulations-Systems um den politischen Aufstieg von Sebastian Kurz. Bekannt geworden unter dem Begriff, das „Beinschab-Tool“

Mit dem Untersuchungsausschuss hätte man auch den politischen Aspekt der vermuteten Machenschaften, neben der strafrechtlichen Relevanz und, was noch wichtiger ist, die politische Verantwortlichkeit, aufarbeiten können. Der strafrechtliche Aspekt der vermuteten missbräuchlichen Verwendung von Steuergeld ist eine Sache, ob es dabei zu Ergebnissen und Verurteilungen kommt, wird sich möglicherweise erst in etlichen Jahren herausstellen. Eine andere Sache ist die politische Verantwortung der involvierten Amtsträger. Ein vermutetes unkorrektes Handeln von Amtsträgern, bei dem möglicherweise Schaden der Republik zugefügt wurde, welcher nicht vom Strafrecht umfasst ist, ist durch die Parlamentarier festzustellen.

Politische Kontrolle durch das Parlament ist dessen Aufgabe. Ja, es ist sogar die Pflicht! Dafür sind die Grünen als Oppositionspartei immer eingetreten, haben sie immer gefordert und verteidigt. Als Regierungspartei wollen sie davon nichts wissen!

Die Begründung von Werner Kogler und Frau Sigi Maurer für das Abstimmungsverhalten des Grünen Parlamentsklub, den Ausschuss nicht fortzuführen zu wollen, ist eine Ohrfeige für jeden aufrechten Demokraten, der sich eine saubere, pflichtgemäße Regierungstätigkeit der gewählten Volksvertreter wünscht.
Sinngemäß begründeten die beiden grünen Spitzenleute ihre Haltung damit, es gäbe jetzt keine Zeit, diesen Ausschuss fortzuführen, da die Regierung derzeit so viele Projekte abzuarbeiten hätte. Was sollten sie den sonst tun, als Projekte abarbeiten? Zum Arbeiten in der Regierung sind sie bestellt, aber sie haben ihre Tätigkeit vom Parlament allenfalls auch kontrollieren zu lassen. Dabei waren in diesen Untersuchungsausschuss die Grünen selbst als Kontrollpartei unter der Führung der Abgeordneten Nina Tomaselli aktiv. Sie kannte das hinterhältige Spiel von Gernot Blümel, dem Untersuchungsausschuss Unterlagen mit aller Kraft und Schläue vorzuenthalten.

Perfide auch die Aussage von Sigrid Maurer: „Wenn die Opposition es wolle, könne sie ja einen neuen Untersuchungsausschuss einsetzen“. Das ist unfassbar frech und kaltschnäuzig!

So ist der Grüne Parlamentsklub durch sein Abstimmungsverhalten zum Beitragstäter bei der Vertuschung von im Raum stehenden Vorwürfen gegen die Türkisen und Sebastian Kurz geworden und haben damit der Republik und ihrem eigenen Ansehen einen echten Bärendienst erwiesen.

Eine tiefgreifende Aufklärung der Machenschaften rund um den politischen Aufstieg von Sebastian Kurz und die unerlaubte Mitwirkung des Finanzministeriums dabei, wird kaum mehr möglich sein, da man davon ausgehen kann, dass wesentlich kritische Beweise zwischenzeitlich vernichtet worden sind. Der Ministerwechsel gibt zusätzlich ausreichend Gelegenheit dazu. So ist die Chance auf Aufklärung dieser unrühmlichen Causa durch das Parlament für immer dahin. Jetzt bleibt nur zu hoffen, die WKStA wird strafrechtlich fündig. Das wäre dann aber auch eine echte Blamage für die Grünen.

Einlassungsfahrlässigkeit

Diese sperrige Wortschöpfung ist ein juristischer Fachbegriff, der wohl den wenigsten Menschen bekannt sein dürfte. Er bedeutet, dass eine Führungspersönlichkeit verpflichtet ist, sobald sie selbst erkennt, für den ihm zugemessenen Aufgabenbereich nicht die geeignete Qualifikation zu besitzen, diesen Posten umgehend aufzugeben. Tut sie das nicht und es entsteht durch ihr Handeln Schaden, wird sie schadenersatzpflichtig. Mangelnde Qualifikation kann viele Väter haben. Sie kann im fachlichen, im zwischenmenschlichen Bereich, im Mangel an Führungsstärke oder auch in der charakterlichen Gesinnung der Führungsperson liegen, um nur einige Beispiele zu nennen. Oder, beispielsweise, falsch verstandene Loyalität zu Freunden und Gesinnungsgenossen zum Nachteil einer Körperschaft. Sie alle können den Erfolg einer übernommen Aufgabe gefährden.

Diesen Begriff habe ich erstmals in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ aus dem Munde der Verfassungsjuristin Irgard Griss gehört. Und zwar im Zusammenhang mit den Diskussionen um den Gesundheitsminister Dr. Mückstein, wegen unterlassener Weisungen gegenüber den Landeshauptleuten von Oberösterreich und Salzburg den überschießenden Infektionszahlen jener Bundesländer betreffend. Er wäre verpflichtet gewesen, diesen genaue Anordnungen zur Eindämmung der Infektionsentwicklung zu geben, nachdem die Gesundheitsversorgung wegen der Corona-Pandemie in diesen Bundesländern bereits bedrohliche Ausmaße angenommen hat.

Stattdessen hat er sich von Teilen seines Koalitionspartners, vom Bundeskanzler Schallenberg, der Tourismusministerin Köstinger, den betroffenen Landeshauptleuten, von seiner Verpflichtung, Weisung zu erteilen, durch deren Widerspruch davon abbringen lassen. Dies stellt ein grobes Versäumnis in seiner Amtsausübung dar. Glücklicherweise hat man doch rechtzeitig den Ernst der Lage erkannt und die notwendigen Maßnahmen getroffen. Man kann nur hoffen, dass das Gesundheitsministerium genügend kundige Juristen besitzt, die ihrem Minister auf diese, seine Verpflichtung, hinweisen und er in Zukunft sein Amt in der vorgeschriebenen Weise ausübt.

Ein neuer, klassischer Musterfall:

Einen viel krasseren Fall von „Einlassungsfahrlässigkeit“ stellt wohl unser Finanzminister Gernot Blümel zur Schau. Seine tatsächliche Unfähigkeit, ein Finanzressort zu führen, wurde bereits bei der Erstellung seines Budgets für das Jahr 2020 offenkundig, als er dieses mit fehlenden, aber maßgeblichen Nullen für Milliardenbeträge zur Beschlussfassung durch das Parlament vorlegte. Wäre dies nicht vom Budgetsprecher Kai Jan Krainer von der SPÖ bemerkt worden, hätte dieser Mangel weitreichende Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit des Landes gehabt. Dort wurde wohl erstmals sichtbar, dass Blümel für dieses Amt nicht geeignet ist. Er hatte aber auch nicht die menschliche Größe für das aufmerksame Handeln von Kai Jan Krainer sich bei diesem zu bedanken. Nicht nötig, ist ja nur ein Sozi, wird er sich gedacht haben. Stattdessen verbarg er seine Unfähigkeit in einer zur Schau getragenen Arroganz.

Einen neuerlichen, aber krasseren Fall von Unfähigkeit, seine Tätigkeit nach demokratischen Grundordnungen zu leisten, lieferte er im Zusammenhang mit den Aktenlieferungen in den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss durch das Finanzministerium. In diesem Fall handelte es sich nicht um einen Irrtum, sondern um Vorsatz. Insofern, als er die Kontrollrechte des Parlaments mit allen Mitteln der Sabotage unterlief bzw. die Kontrolltätigkeit der Parlamentarier verhinderte. Es lässt sich der finanzielle Schaden sogar zahlenmäßig exakt beziffern, er beträgt 180.000 Euro, den die Steuerzahler für sein Fehlverhalten zu berappen haben. Wo liegt im konkreten Fall die Unfähigkeit und wie ist dieser Schaden entstanden?

Es ist bekannt, dass Gernot Blümel sich beharrlich weigerte, dem Untersuchungsausschuss zur „Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung“, geforderte Unterlagen aus dem Finanzministerium dem Ausschuss zur Verfügung zu stellen. Aus gutem Grund, aus seiner Sicht.

Im Untersuchungsausschuss sollte eventuelles Fehlverhalten im Ministerium untersucht werden. Ein klassisches Anwendungsgebiet für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Tatsächlich wären wohl aufgrund der später bekannt gewordenen Chats zwischen Thomas Schmid und Sebastian Kurz im Zusammenhang mit den Ermittlungen der WKStA gegen Sebastian Kurz wegen des Verbrechens der Bestechung, Bestechlichkeit und Untreue in der Inseratenaffäre, gefälschter Meinungsumfragen, manipulierter Berichterstattung sehr bald aufgefallen, dass hier einiges im Argen liegt. Gernot Blümel konnte als Teilnehmer an den Chats wissen, dass das Finanzministerium als Drehscheibe für die Auftragsvergabe und Verrechnung dieser Manipulationen diente. Offensichtlich galt für ihn aus Parteiräson und seiner unbedingten Loyalität zu seinem Parteifreund Kurz, das Bekanntwerden dieser Fakten mit allen Mitteln zu verhindern. Vorsichtig ausgedrückt, stellte er seine Freundschaft über die Erfordernisse seiner Amtsverpflichtungen, und den Kontrollinteressen der Volksvertretung, dem Parlament.

Da zeigt sich der Interessenskonflikt zwischen korrekter Amtsführung und den persönlichen Schutzabsichten einer verschworenen Gemeinschaft; seiner Parteifreunde, seiner „Familie“. Bei korrekter Handlungsweise hätte er aber auf die Ausübung des Amtes verzichten müssen. Tat er aber nicht.

Das Gezerre um die Unterlagen ging so lange hin und her, bis sich die Parlamentarier an den Verwaltungsgerichtshof wandten. Er gab ihnen recht und verfügte die Herausgabe der Unterlagen. Dieser Gerichtshof ist das oberste Justizorgan für Verwaltungsangelegenheiten der Republik, gegen seine Anordnungen gibt es kein weiteres Rechtsmittel. Trotzdem weigerte sich Blümel, diesen Weisungen nachzukommen. Stattdessen holte er sich sündteure Argumentationshilfen durch Gutachten auf der untersten Rechtsebene, nämlich bei Rechtsanwälten, wie er die Anordnungen der obersten Rechtsebene unterlaufen bzw. aushebeln könne. Genau diese Gutachten, sieben an der Zahl, die zwar zu keiner Änderung der Rechtslage führten, kosten jetzt dem Steuerzahler 180.000 Euro. Es ist sinnlos hinaus geworfenes Geld.

Einen entscheidenden Erfolg hatte das Verhalten von Gernot Blümel jedoch für seine Partei. Er konnte damit enorm viel Zeit gewinnen – mehr als ein Jahr – sodass die Parlamentarier diese Causa nicht mehr untersuchen konnten, weil mit den Stimmen der Grünen eine Verlängerung des Ausschusses nicht genehmigt und damit diese Untersuchungen durch Zeitablauf ergebnislos abgebrochen werden mussten. Die Grünen müssen sich wohl den Vorwurf gefallen lassen, in diesem Fall als Beitragstäter dieser Vertuschungsaktion genannt zu werden. Ja, das war wohl die größte bekannt gewordene Vertuschungsaktion in der jüngeren Geschichte unserer Republik. Dazu zählt auch die Art, wie diese Akten in letzter Konsequenz an den Ausschuss geliefert wurden. Getarnt in einem Haufen wertlosen Papiers, in 90 großen Umzugskartons verpackt, die nur in monatelanger Kleinstarbeit zu sichten gewesen wären. Dazu kam es nicht mehr, knapp zwei Wochen später war dieser Untersuchungsausschuss Geschichte.

Zumindest die Durchsetzung einer Schadenersatzklage aus dem Titel „Einlassungsfahrlässigkeit“ gegen Gernot Blümel müsste eigentlich Aussicht auf Erfolg haben. Es wäre ein sehr seltener Rechtsakt einer wehrhaften Republik, würde ein Minister missbräuchlich verschwendetes Steuergeld, konkret 180.000 Euro, dem Staat wieder zurückzahlen müssen. Warum auch nicht?

Dafür zuständig ist die Finanzprokuratur, eine Unterbehörde des Finanzministeriums, unter der Leitung von Wolfgang Peschorn. Sie wäre die geeignete Behörde, um die Einbringung dieser verschwendeten Geldmittel zu betreiben. Ein Blick auf ihre Website macht sicher. Dort steht zu lesen:

Die Finanzprokuratur – Anwalt und Berater der Republik

Zitat:

„Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden.“ (Artikel 18 Bundes-Verfassungsgesetz)

Die Bundesverfassung formt Österreich zum Rechtsstaat, in dem sich staatliche Organe ausnahmslos gesetzmäßig zu verhalten haben, gleich, ob diese hoheitlich oder privatwirtschaftlich tätig werden. Die Rechtsanwendung wird für alle Beteiligten zunehmend schwieriger. Oftmals sind komplexe Sachverhalte an Hand herausfordernder Rechtsgrundlagen innerhalb kurzer Zeit zu beurteilen.

Die Finanzprokuratur unterstützt als „Anwalt und Berater“ nicht nur die staatlichen Organe bei der Rechtsanwendung, sondern leistet durch ihre tägliche Aufgabenerfüllung einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung rechtsstaatlichen Handelns.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzprokuratur sind für die Bürgerinnen und Bürger um die Wahrung der Interessen des Staates bemüht.

Wird sie das machen, was hier so großartig angekündigt ist? Ach, ich höre schon die Ausreden, weshalb das in diesem Fall nicht möglich ist!

Zum Glück, die Zeit des Proporzes ist vorbei

Die ÖVP hat es immer noch nicht begriffen: Der Staat gehört seinen Bürgern und nicht mehr einem schwarz-roten Proporzsystem. Dieses ist seit den 90-er Jahren abgeschafft, als es endlich gelang, die verfassungsmäßige Mehrheit der beiden Parteien zu brechen. Vorbei ist die Zeit, als dieses Land in eine rote und in eine schwarze Reichshälfte aufgeteilt war.
Damals war es noch möglich, zwischen Staatsfinanzen und Parteikassen keinen großen Unterschied zu machen. Fakt ist, und das geben die Chats innerhalb der kleinen verschworenen Familie her, man hat mit Steuergeld den Aufstieg von Kurz finanziert. Umfragen, Berichterstattung, Meinungsbildung. Natürlich gilt bis zum rechtskräftigen Urteil, für die „nette“ Familie die Unschuldsvermutung. Aber die Vertretung der Bürger gehörte eigentlich schon heute nicht mehr in ihre Hände. Das Vertrauen ist verspielt.

Ja, das Proporzsystem ist abgeschafft, aber ihre Ausläufer reichen wie die Tentakel einer Krake noch weit in unsere Gesellschaft hinein. Bestes, jüngstes Beispiel ist Herr Prof. DDr. Lewisch und seine „hochwissenschaftliche Reinwaschung“ von jeder juristischen Beflecktheit des Ex-Ex-Kanzlers Sebastian Kurz. Die Verwendung von fremdem Briefpapier, nämlich der Universität Wien, sollte der Propagandaschrift einen wissenschaftlichen Touch zu verleihen. Dies kommt zumindest einer missbräuchlichen Verwendung nahe. Jedenfalls hat der Jurist nicht zwischen Mein und Dein unterschieden. Und zwar zwischen seiner juristischen Privatmeinung zu einer Strafrechtssache und der öffentlichen Institution, der er dient. Als Jurist sollte er diesen Unterschied wohl kennen. Es ist zumindest genauso verwerflich, wie sich Kurz offensichtlich über Steuergelder eine tolle Berichterstattung für seinen Aufstieg bezahlen ließ. Wie gesagt, offensichtlich, wenn man den Chats vertrauen kann. Sehr wahrscheinlich: Ein Schöffengericht wird über diese Frage entscheiden. Strafandrohung für die Beteiligten: bis zu 10 Jahre Haft. Gutachten hin oder her.

Die Universität Wien hat umgehend eine Stellungnahme veröffentlicht:

Stellungnahme der Universität Wien zum Gutachten von Prof. Peter Lewisch für Rechtsanwalt Werner Suppan
Prof. Lewisch hat bestätigt, das Gutachten als Professor geschrieben zu haben. Eine erste Stellungnahme hat Prof. Lewisch am Samstag, 13.11., übermittelt: „ich komme zurück auf das Thema meines als Professor der Universität Wien erstatteten Gutachtens. Das Gutachten trägt den Briefkopf mit meinem Namen und jenem des Instituts und damit auch das Logo der Universität. Eine Nebenbeschäftigungsmeldung für dieses Gutachten habe ich versehentlich nicht vorgenommen.“ Prof. Lewisch hat die Gelegenheit zu einer zeitnahen, ausführlichen Stellungnahme bekommen. Über etwaige Folgerungen wird zeitnah, nach Übermittlung der Stellungnahme von Prof. Lewisch entschieden.
 
Die Logo-Verwendung ist dienstlichen Erfordernissen vorbehalten. Eine entgeltliche Nebenbeschäftigung fällt nicht in diese Kategorie. Das Logo wäre im konkreten Fall nicht zu verwenden gewesen.
Es handelt sich um ein persönliches Gutachten, nicht um eines der Institution. Auch wenn aus anderen Disziplinen (wie etwa den technischen Wissenschaften oder der Medizin) Gutachten erstellt werden, wird niemals nahegelegt, dass es sich dabei um eine institutionelle Äußerung handeln könnte.
 

Damit ist wohl die Aussagekraft dieses 17-seitigen Papierchens ad absurdum geführt. Genauso gut könnte sich in Zukunft jeder Hendldieb bescheinigen lassen, das geschlachtete Huhn sei ihm in selbstmörderischer Absicht zugelaufen. Er habe nur Beihilfe zum Suizid geleistet. Diese wird demnächst straffrei.


Alle Macht geht vom Volke aus

Gedanken zur Demokratie.

Der Staat gehört allen seinen Einwohnern, die sich kraft Geburt, Abstammung oder per Dekret diesem Land zugehörig fühlen. Theoretisch ist also jeder einzelne Bürger anteiliger Mitbesitzer am Staatsganzen, also am Staatsvermögen, Anteilsinhaber aller realen und ideellen Werte, die der Staat besitzt. Dies gilt natürlich im positiven wie im negativen Sinne. Alles gehört den Bürgern gemeinsam, auch die Macht.

Soweit die Theorie. Im Artikel I des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes heißt es:

“Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.” Pessimisten ergänzen diesen Satz gerne mit dem Nachsatz: „ und kehrt nicht mehr zu ihm zurück“.

Dieser Pessimismus ist durchaus angebracht. Dies belegt schon die Tatsache, dass in der österreichischen Verfassung nicht mehr von Macht, welche vom Volke ausgehen soll, sondern vom „Recht“ die Rede ist, was keinesfalls dasselbe bedeutet. Wo befindet sich also die Macht und wer hat das Recht über sie zu verfügen?
Die Macht haben sich jene gesichert, die diesen Staat repräsentieren wollen, die Parteien in Form der „Repräsentativen Demokratie“. Allen voran die beiden „Volksparteien“ ÖVP und SPÖ, die sich unseren Staat seit 1945 unter sich aufgeteilt haben, gemeinhin als Proporz bezeichnet. Dieser Proporz, der sich wie eine lähmende Patina über dieses Land legte, beherrschte alle maßgeblichen Einflussfaktoren in unserer Gesellschaft. Von 1945 bis in das Jahr 1994 besaßen diese beiden Parteien die absolute verfassungsmäßige Macht, teilweise bis über 90 %. Mit dieser Machtfülle konnten sie sich jeder demokratischen Kontrolle entziehen und so wurde Österreich zum faktischen Eigentum dieser beiden Parteien. Obwohl die beiden „Großen“, wie sie gemeinhin bezeichnet werden, bei Wahlen in den letzten Jahren deutlich Federn lassen mussten und in ihrer Größe stark dezimiert wurden, haben sie doch viele Einflussbereiche bis in die heutige Zeit herübergerettet.

Die Frage ist, ob die Form der Repräsentativen Demokratie als Staatsführung in Stein gemeiselt ist und immer so bleiben soll?

Zurück zur Macht. Was bleibt den Bürgern von dieser Macht, die ihnen so großartig angedichtet wird? Die Realität ist triste: Sie ist reduziert auf ein Kreuzerl alle 5 Jahre, bei der alle Wahlberechtigten zwar eine Partei durch ihre Stimmen stärken können, aber keinen Einfluss darauf haben, welche Parteien in die Regierung kommen, und welche Personen welches Amt bekleiden sollen. Ja nicht einmal die Abgeordneten – „die Volksvertreter“ – sind aufseiten der Bürger, sie sind von den Parteien in den Nationalrat entsandt und natürlich auch von ihnen moralisch, politisch und wirtschaftlich abhängig, obwohl die Bürger sie fürstlich entlohnen. Das heißt, die Abgeordneten entscheiden bei der Beschlussfassung eines Gesetzes keinesfalls im Interesse der Bürger, nein, nicht einmal nach ihren eigenen Gewissen, sondern im Interesse der Partei, der sie verpflichtet sind. Bei vielen wichtigen Abstimmungen herrscht auch noch Klubzwang, was die Abgeordneten noch enger an die Partei bindet. Die Bürger bleiben somit bei der Gesetzeswerdung auf der Strecke, sie haben sich jedoch diesen Gesetzen zu unterwerfen.

Also ist klar, Macht besitzt der Bürger keine, daher kann auch keine von ihm ausgehen, wie steht es nun mit dem Recht?

Die Gerichte sprechen zwar “im Namen der Republik” ihre Urteile und vor dem Gesetz sind alle Bürger gleich; angeblich. Das war´s! Der Bürger kann weder darüber bestimmen, wer Richter, wer Ankläger werden kann. Das alles entscheidet die Politik. Also ist auch das Recht, das von der Verfassung zuerkannte Recht, wieder nur auf ein Kreuzerl alle 5 Jahre beschränkt und vom Goodwill der gewählten „Repräsentanten“ abhängig .

Gerade die letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass dieser Zustand kein wirklich besonders befriedigender ist. Sind doch zahlreiche Missstände bekannt geworden, die das Vertrauen in die „Repräsentanten“ dieses Landes erschüttert haben. Korruption, Misswirtschaft, Vergeudung von Volksvermögen, Bereicherung privater Personen beim Verkauf von Vermögen des Staates, fragwürdige Parteienfinanzierungen und vieles, vieles andere. Aber auch wichtige Entscheidungen gegen die Bürger wurden getroffen, beispielsweise, die Datenspeicherung der privaten elektronischen Kommunikation der Bürger ist ein frontaler Angriff auf seine Rechte, ja sogar auf seine Menschenwürde. Die Begründung, damit Terror bekämpfen zu können, ist mehr als fadenscheinig.

Das Resümee aus diesen Fakten ist für jeden demokratisch denkenden Bürger unbefriedigend und ruft nach Veränderung.

Gehen Sie ruhig weiter…

… hier gibt es nichts zu sehen!

Mit diesen Worten werden Schaulustige bei Katastrophenereignissen aus der Ereigniszone gedrängt. Der Zustand der Bundes-SPÖ von heute ist ebenso ein solcher Schauplatz. Seit dem Verlust der Regierungsmacht ging dort einiges zu Bruch. Das deprimierende Ereignis des Machtverlusts und seine Bewältigung sind wohl nichts für neugierige Blicke.

Die Macht ist weg, was nun?

Der Verlust der Macht nach der Wahlniederlage von 2017 verursachte heftige interne Streitereien, Schuldzuweisungen, Scharmützel und Intrigen unter den sozialdemokratischen Spitzenfunktionären. Man denke nur daran, dass aus der Parteizentrale viele ungustiöse Internas, ja sogar geheime Passwörter an die Öffentlichkeit gespielt wurden. Mehr Grant geht wohl nicht. Die Parteiführung ist gelähmt und nicht in der Lage, Saboteure in den eigenen Reihen zu lokalisieren und auszuschalten. Zusätzlich gibt es etliche Funktionäre, die vorsätzlich konträre Standpunkte zur Parteiführung beziehen und in den Medien verbreiten, sehr zum Schaden der Parteiobfrau. Die Medien, besonders jene, die den Türkisen besonders wohlgesonnen sind, greifen diese Nachrichten aus dem innersten Kreis der Partei mit Begeisterung auf und berichten genüsslich darüber.

Wie kann man diese Negativspirale durchbrechen? Stillstand, Beruhigung ist die Doktrin. Doch die Abwärtsspirale dreht sich unaufhaltsam weiter nach unten. Diese Doktrin ist die Gegenthese von Agitation, Neuanfang, Aufbruch, was das Ziel jeder erfolgreich wahlwerbenden Partei sein sollte. Hoffnung verbreiten, Vertrauen schaffen! Aber, wie? Die aktuelle Parteiführung signalisiert, Publikum unerwünscht! Stattdessen wird ein Notprogramm gefahren, die alten abgedroschenen Slogans von sozialer Gerechtigkeit weiter propagiert, verbunden mit der Hoffnung, die alten Stammwähler wissen schon was damit gemeint ist und bleiben weiter bei der Stange. Doch das reicht längst nicht mehr für eine relative Mehrheit im Parlament, schon gar nicht für den Machtanspruch.

Starre statt Aufbruch

Natürlich war es ein Schock, festzustellen, dass nach der NR-Wahl von 2017, die für die SPÖ noch relativ knapp verloren ging, kein Weg zu einer Regierungsbeteiligung hinführte. Sebastian Kurz als Wahlsieger hatte längst seinen neuen Koalitionspartner auserkoren und der hieß auf keinen Fall SPÖ. Im Gegenteil. Alle Personen, denen man nur den Hauch von sozialdemokratischer Gesinnung nachsagen konnte wurden aus ihren Ämtern und Funktionen entfernt. Da war dem türkisen Kanzler nichts zu teuer. So wurden Manager und Führungskräfte in staatsnahen Betrieben teilweise mit unanständigen Millionenabfertigungen vorzeitig abgelöst, Hauptsache weg. Hauptsache das Umfeld von Kurz ist Sozi-rein. Platz zu machen für die eigenen Leute.

Es war also absehbar, dass das Türkis-Blaue Regierungsprojekt für das sich Kurz entschieden hatte für mindestens 2 Legislaturperioden angelegt war und daher in den nächsten 10 Jahren für die SPÖ kaum eine Chance bestand, wieder in Regierungsverantwortung zu kommen. Keine guten Aussichten also. So richtete man sich frustriert und widerwillig auf der Oppositionsbank ein, wechselte die Parteispitze aus, statt Christian Kern kam Pamela Rendi-Wagner, sehr zum Missfallen vieler zweit- und drittrangiger Parteifunktionäre. Doch dann kam IBIZA und alles änderte sich schlagartig. Die, mit viel Hoffnung und Vorschusslorbeeren bedachte türkis-blaue Zusammenarbeit zerbrach, und ab ging es zu Neuwahlen nach nur knapp 18 Monaten Regierungsdauer. Der türkise Kanzler wurde per Misstrauensvotum, auch mit den Stimmen der SPÖ, aus dem Amt gejagt. Völlig unerwartet eröffnete sich für die SPÖ die Chance zurück an die Macht zu kommen.

Alte Wäsche am Balkon

Doch diese Chance traf die roten Wahlkampfmanager total unvorbereitet. Statt neuer Akzente in die Wahlauseinandersetzung zu werfen, hing man wieder schnell und mangels Alternativen die „alte Wäsche“ auf den Balkon, die unter dem Sammelbegriff „Soziale Gerechtigkeit“ lange Jahre bekannt ist. Die Wahlkampfmanager hätten wissen müssen, dass diese Phrasen schon seit Faymann bei den Wählern längst nicht mehr ziehen. Nicht zufällig hatten Jahre zuvor sogar Hardcore-Parteimitglieder den Kanzler Werner Faymann an einem 1. Mai am Wiener Rathausplatz deswegen lauthals ausgepfiffen und so seine Abdankung eingeläutet.  Aber man hatte nichts an der Hand, schon gar nichts Zugkräftiges, nichts Neues zu bieten.

So kam es, wie es kommen musste. Die NR-Wahl 2019 ging für die SPÖ krachend verloren. Der Abstand zum Wahlgewinner ÖVP betrug mehr als 16 % und war mit 21,2 % das schlechteste Ergebnis der 2. Republik bei Nationalratswahlen. Man war damit meilenweit vom Anspruch auf Regierungsverantwortung entfernt. Es nützte nichts, dass die Parteichefin am Wahlabend die Losung ausgab, „die Richtung stimmt,“ der Frust in der Partei erreichte noch nie bekannte Dimensionen. Wie in solchen Fällen üblich, wird das Unbehagen auf die Parteiführung projiziert, dort die Schuldigen ausgemacht und verhauen. Schließlich kam es zum offenen Schlagabtausch zwischen Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeshauptmann Peter Doskozil, der sich offen an die Spitze der parteiinternen Kritiker stellte. Sie angezählt als Wahlverliererin, er der strahlende Sieger seiner Landtagswahl mit absoluter Mehrheit im Burgenland. Ein ungleicher Kampf, jedoch ohne Sieger. 

Gute Bedingungen für einen Neustart

Doch wer kann der Partei erklären, dass diese Attacken aus Frust und Resignation nicht aus der Sackgasse führen? Dass dadurch immer mehr potentielle Wähler abgeschreckt der Partei den Rücken zukehren und möglicherweise für immer verloren sind.

Unerwartet hat sich die politische Lage inzwischen wieder geändert. Denn, die Bedingungen für einen erfolgreichen Neustart könnten besser nicht sein. Liefert die große Regierungspartei doch tagtäglich Anschauungsunterricht, wie man ein Land nicht führt. Nach nur wenigen Jahren im Amt sieht der große Hoffnungsträger der Konservativen, Sebastian Kurz, furchtbar alt aus, obwohl er noch sehr jung an Lebensjahren ist. Offensichtlich zu jung, zu leichtgewichtig für dieses Amt. Skandale der besonderen Art kratzen am Image des vermeintlichen Hoffungsträgers. Ein Strafverfahren wegen Falschaussage droht. Die große Ankündigung, Österreich neu regieren zu wollen, entpuppte sich als Fata Morgana. Sogar der Herr Bundespräsident musste jüngst verkünden „es gibt eine Entwicklung, die es in der 2. Republik noch nie gab“ als er zum Vollstrecker von Exekutionsmaßnahmen in Sachen Aktenvorlage für den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ernannt wurde. Eine Entwicklung, die ganz im Widerspruch zu seiner ehemaligen Meinung, “ so sind wir nicht“ steht.

Mit der Parteiobfrau Rendi-Wagner besäße die SPÖ ein Asset, das für den Neustart unübertroffen ist. Frau Rendi-Wagner könnte als Inbegriff für alles Neue in der Partei stehen, frei von jeglichen Altlasten, die die Partei natürlich auch hat. Ist die Parteichefin doch erst wenige Jahre tatsächlich Parteimitglied, war nur wenige Monate in der rot-schwarzen Koalition als Gesundheitsministerin tätig und hat dort eine tadellose Leistung erbracht. Sie besitzt eine hervorragende Biografie und hohe persönliche Reputation. Also beste Voraussetzungen für einen lastenfreien Neustart. Was muss also geschehen, damit er gelingt? Weg mit den alten Slogans, wie z.B. „soziale Gerechtigkeit“.  Was ist soziale Gerechtigkeit? Ein abstrakter, theoretischer Begriff, der die Herzen der Menschen in keiner Weise berührt. Weder jene, die es betrifft, noch jene, auf deren Solidarität man setzt. Niemand will sich zu den sozial Bedürftigen zählen. Dieser Slogan ist längst nicht mehr mehrheitsfähig, war es wahrscheinlich auch nie. Soziale Gerechtigkeit kann man üben, aber man wird es nicht wählen. Wann wird die Führung dies erkennen und danach handeln?

Das Zauberwort für erfolgreiches Marketing, das Wort „NEU“ will den Parteistrategen partout nicht über die Lippen kommen. Stattdessen verschleißt man die Hoffnungsträgerin durch die Mühen der Tagespolitik und interner Querelen und wird letzten Endes vor der nächsten Wahlauseinandersetzung mit einer verbrauchten Kandidatin dastehen und deswegen diese Wahl möglicherweise wieder verlieren. Die Schlüsselfrage ist also, traut man ihr einen erfolgsversprechenden Neuanfang, die Wende zu einer sauberen, anständigen Politik, die von Seriosität statt von Chuzpe geprägt ist, zu oder nicht? Wenn die Antwort „JA“ ist, dann sollten sich schleunigst innovative Kräfte um sie scharen und am Neuanfang arbeiten. Ist die Antwort „NEIN“, dann bitte umgehend nach Alternativen suchen. Jeder Tag ist kostbar. Denn täglich könnte die Nachricht über Neuwahlen hereinplatzen. Ist man dann wieder nicht vorbereitet?

 

Klimaschutz,

oder die Eierlegende-Woll-Milch-Sau gesucht

Die Eierlegende-Woll-Milch-Sau ist die Lösung für all jene Probleme, die unter Normalbedingungen nicht zu lösen sind. Dieses Multi-Funktions-Lebewesen vereinigt alles in sich, was Tierzüchter sich an einem Nutztier so wünschen. Es liefert sozusagen den Maximalertrag. Es legt Eier, gibt Milch, liefert Wolle für Bekleidung und am Ende ihres Lebens macht es uns satt mit seinem schmackhaften Fleisch. So stellt sich der kleine Bauer die große Ökonomie vor.
Die frisch geplante „Öko-soziale-Steuerreform“, an der nun hinter schalldichten Polstertüren in verschwiegenen Ministerzimmern gebastelt wird, ist genau so ein Fall. Der Anspruch an dieses neue Ding ist groß und vielfältig. Sie soll zwischen konservativ-wirtschaftsliberalen Ansprüchen der Türkisen und den umweltschützenden Ambitionen der Grünen, die unseren Planeten retten wollen, alles unter einen Hut bringen. Klassisch eben, das Beste aus beiden Welten. Die Vorgaben für dieses Wunderwerk beginnen so:

Unternehmer fordern jetzt eine Senkung der Körperschaftsteuer, auch Arbeitnehmer wollen entlastet werden, der Spitzensteuersatz soll von 45 % auf 42 % fallen, die Schulden aus der Pandemie sind in kürzester Zeit abzubauen und eine Ökologisierung des Steuersystems sollte auch noch drinnen sein. Was immer die Grünen damit meinen. Genau gesagt haben sie es bisher nicht.

Zu stemmen sind diese Forderungen ans Steuersystem nur durch ein kräftiges Wirtschaftswachstum in den nächsten Jahren. Wirtschaftswachstum ist jedoch der Feind aller Umweltsschutzambitionen und steht im krassen Widerspruch zu den angepeilten Umweltzielen. Hier beißt sich die Katze gerade in den Schwanz.

Wenn nun für dieses Öko-soziale Projekt die Eierlegende-Wollmilch-Sau noch nicht gefunden wurde, gibt es immer noch einen Ausweg. Und zwar in Form des Finanzministers Gernot Blümel, unserem Don Quijote aus Wien, Ritter der vergessenen Nullen.
Er wird einen Staatshaushalt hinbasteln, der sich gewaschen hat. Zumindest wird es uns die Regierungswerbemaschine so verkünden. Die bevorzugten Medien werden die Werbeaufträge der Regierung gerne in Empfang nehmen. Im Endeffekt wird herauskommen, dass die Unternehmer, vornehmlich die Großspender, abgabenrechtlich geschont, der Spitzensteuersatz für Gutverdienende medienwirksam um ein-zwei Prozentpunkte gesenkt und alle Bürger brav den neu eingeführten CO2-Preis berappen werden. Zumindest für die Grünen ist die Einführung eines erhöhten Preises auf den Energieverbrauch ein gewichtiges Argument ihres Regierungserfolges. Es ist das Trostpflaster für alles, was sie in dieser Koalition bisher hinunterschlucken mussten. Diesen Erfolg wollen sie jetzt. Die Einführung der CO2-Besteuerung ist der Pflock, den sie als Regierungspartei jetzt einschlagen wollen.

Getan ist mit der CO2-Steuer (CO2 Abgabe) oder wie immer dieses finanzielle Packerl für die Bürger genannt wird, genau gar nichts. An der klimazerstörenden Umweltverschmutzung wird sich dadurch natürlich nichts ändern. Denn mit Geld kann man das Klimaproblem weder einbremsen, noch abwenden. Bestenfalls werden damit die Geldmittel beschafft, die die Regierung für die Nichteinhaltung der Pariser Klimaziele bis 2030, die Erderwärmung um 1,5 Grad zu senken, an Strafzahlungen zu berappen haben wird. Man spricht von ungefähr 9 Milliarden Euro, die dafür bis 2030 fällig werden. Die Menschen, die Geld haben, werden sich an die höheren Energiepreise gewöhnen und ihr Verhalten deswegen nicht ändern. CO2-Preis hin, CO2-Preis her. Lenkungseffekte hat diese Geldbeschaffungsaktion keine. Was wirklich helfen würde, wäre eine grundlegende Verhaltensänderung aller Menschen in Bezug auf den Verbrauch von Ressourcen. Also durch eine Mammutaufgabe, die die gesamte Menschheit zu lösen hat. Man sollte nicht vergessen, wir alle haben den Planeten in den letzten 150 Jahren in diesen Zustand gebracht in dem er heute ist. Das sind grob gesprochen nur 7 Generationen der langen Menschheitsgeschichte, die solche Narben in den Planeten geschlagen haben. Wollte man eine Änderung bewirken, müssten wir logischerweise wieder an diesen Ausgangspunkt zurück. Zurück in das Vorindustrieelle Zeitalter, oder wie unser Kanzler zu sagen pflegt, „zurück in die Steinzeit“.

Jeder, der Kurz kennt, weiß, wenn er in einem so abfälligen Ton von einer Sache spricht, ist bereits das Todesurteil darüber gesprochen. Das will er auf keinen Fall. Zurück zu Bedingungen, die für den Planeten erträglich sind. Da vertraut er lieber auf Innovationen. Wozu hat er seine erfinderischen Unternehmer, die ihr Füllhorn neuer Technologien über uns und gegen den Klimawandel ausschütten können? Wäre doch gelacht, hätte die innovative Wirtschaft nicht Lösungen gegen dieses Problem parat. Ja, es ist tatsächlich gelacht. Sie hat nichts. Sonst hätte sie diese schon längst angewandt. Es ist genau jenes Totschlag-Argument um nichts verändern zu müssen, wie jenes „der Markt wird es schon richten“. Da könnte man mit ruhigem Gewissen dagegen halten „der Markt richtet nur Schaden an, wenn er dadurch Geld verdienen kann“.

Bereits in den 70-er Jahren des vorigen Jahrhunderts verkündete der „Club of Rom“ seine düsteren Prognosen für diesen Planeten. Er riet schon damals zur sofortigen Trendabkehr des Raubbaues an den Ressourcen dieser Erde. Inzwischen sind 50 Jahre vergangen, geschehen ist nichts. Das Gegenteil ist eingetreten. Jahr für Jahr sind die schädlichen Emissionen gestiegen. Klimaforscher sagen uns voraus, dass das Zeitfenster für eine Wende noch etwa 10 – 15 Jahre offen ist. Danach treten irreversible Kipp-Punkte ein, ab denen die Klimaveränderung praktisch unumkehrbar ist, weil sich bis dahin so viele Parameter zum Nachteil des Weltklimas verändert haben und eine Umkehr nicht mehr möglich ist.

Die Vorfreude auf die technischen Innovationen aus der heimischen Wirtschaft ist verfrüht. Es stellt sich die Frage: Was ist der aktuelle Status Quo der Forschung und Entwicklung nachhaltiger Klimaschutzprojekte und wo wollen wir hin? Derzeit befinden wir uns in einem Kreisverkehr mit vielen Ausfahrten, jedoch allesamt führen sie nur in Sackgassen. Kurz gesagt, wir drehen uns im Kreis. Derweil macht das Klima weiter wie bisher. Es heizt sich auf. Denn es ist ein träges System. Das bedeutet, alles was wir heute an wirksamen Maßnahmen ergreifen wirkt sich erst in vielen Jahren danach aus. Unter Fachleuten spricht man von einem Zeitrahmen von ca. 80 Jahren. Selbst wenn wir theoretisch heute den Schadstoffausstoß auf das vorindustrielle Niveau reduzierten, was technisch und wirtschaftlich gar nicht möglich ist, müssen die Nachfolgegenerationen die Rechnung für den bisherigen Missbrauch bezahlen. Also keine guten Zukunftsaussichten für sie.

Selbstachtung der Bürger

Frau Dr. Griss hat in der ZiB2 vom 18.10.2021 einen bemerkenswerten Begriff zur politischen Kultur in diesem Land in die jüngste politische Debatte eingebracht. Sie sprach von der „Selbstachtung der Bürger”.

Ein Blick auf die Person Dr. Irmgard Griss zeigt, welches Gewicht diese Aussage im politischen Diskurs haben darf. Sie war langjährige Richterin am Obersten Gerichtshof und schließlich auch deren Präsidentin. Einer breiten Öffentlichkeit wurde sie durch ihren Wahlkampf als Bundespräsidentschafts-Kandidatin bekannt. Sie erzielte als parteilose Außenseiterin, unterstützt von den NEOS, einen beachtenswerten Erfolg.

Was bedeutet eine derartige Aussage aus solch berufenen Munde? Die Aufforderung zur Selbstachtung der Bürger bedeutet nicht weniger, dass Politiker ihrem Wahlvolk etwas zugemutet haben, was unter moralischen Wertmaßstäben nicht akzeptiert werden darf. Gefordert ist vom einzelnen Bürger eine Haltung, die Überschreitungen dieser Werte nicht toleriert. Selbstachtung als politische Kategorie ist neu, an diesem Punkt waren wir in der 2. Republik noch nie. Verkürzt gesagt, es beinhaltet die Aufforderung gegen den vorgelebten Politikstil etwas zu tun: „Lasst Euch das nicht gefallen!“

Alles begann auf Ibiza…

Was war passiert, dass es so weit kommen musste? Auf Ibiza spielte sich ein einzigartiger Vorfall ab, den manche Verharmloser gerne als „b´soffene G´schicht“ herunterspielen wollten. Tatsächlich sollten die Ausmaße des Alkohol-Meetings die Grundfesten unserer Demokratie erschüttern. Ein Parteichef und sein Spezi, namentlich H.C. Strache, späterer Vizekanzler der Republik, und Johann Gudenus, sein Klubchef gaben in einer vermeintlich illusteren Runde politische Usancen preis, die zwar jeder Bürger ahnte, aber in dieser Unverblümtheit und Direktheit ausgesprochen, doch schockierte. Für die Beiden waren an diesem Abend die Äußerungen noch Wunschdenken. Sie träumten bereits von der Macht und davon, was sie sich alles leisten könnten, sollten sie diese erlangen. Sie hatten damals vielversprechende Umfragewerte und somit bereits gute Karten, an der nächsten Regierung teilzunehmen. Noch konnten sie nicht ahnen, dass ihr künftiger Regierungspartner mit akribischer Zielstrebigkeit seinen Aufstieg zur Macht bereits vorbereitet hatte und für seinen Erfolg vor keinen Mitteln zurückschreckte.

Als im Mai 2019, knapp 18 Monate nach diesem historischen Abend, in einer 7-minütigen zusammengeschnittenen Videosequenz die Staatsbürger erfuhren, was in unserem Land so alles möglich sein könnte, ging ein Raunen durch die Bevölkerung. Beispielsweise, dass man an eine vermeintlich reiche Oligarchennichte einfach die größte Tageszeitung des Landes, die Kronen Zeitung, gegen positive Berichterstattung verscherbeln könne. Dass man die bisherigen Journalisten dieser Zeitung, zack, zack, gegen willfährige austauscht. Man bot – als Draufgabe – Staatsaufträge in Milliardenhöhe an und offenbarte ihr, wie sie Parteispenden am Rechnungshof vorbeigeschleust, an die Partei fließen lassen könne. Natürlich vergaß man nicht zu erwähnen, dass reiche Großspender bereits jetzt Millionenbeträge nach demselben Muster an die Partei abführen und konnte mit stolz darauf verweisen, Novomatic spende auf diese Weise sogar an alle Parteien. Der geneigte Zuhörer und gelernte Österreicher war ob soviel Kaltschnäuzigkeit tatsächlich baff.

Danach knisterte es ordentlich im Gebälk dieses Staates, als diese Enthüllungen über die Fernseher flimmerten. Dem Bundespräsidenten fiel spontan zur Beruhigung der Bevölkerung nur der legendäre Ausspruch ein: „So sind wir nicht!“ und er schwärmte von der Schönheit der Verfassung. Es folgten der Bruch der türkis-blauen Koalition, eine mehrtägige ÖVP-Alleinregierung und ein Misstrauensantrag gegen diese, ihre Abwahl durch das Parlament, danach gab es eine Expertenregierung und wenige Monate Ruhe im politischen Alltag.
Die nachfolgende Nationalratswahl brachte eine erstarkte türkise Partei unter Sebastian Kurz, Sondierungen und nach mehrmonatigen Verhandlungen eine Türkis-Grüne Regierung, die unter dem Stern:  Das Beste aus beiden Welten ihre Arbeit aufnahm. Dann kam die Corona Pandemie.

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss

Frontalansicht des Plenarsaals von National- und Bundesrat
Bildquelle: © Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

In der Zwischenzeit regte sich im Staate auch einiges. Die Oppositionsparteien beantragten einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Thema: Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung. Man erwartete eine Abrechnung der Verfehlungen der Freiheitlichen während ihrer Regierungsbeteiligung. Doch es kam ganz anders. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) fand Gründe, einige Vorgänge nach strafrechtlichen Gesichtspunkten abzuklopfen und wurde fündig. Ihr zu Hilfe kam ein Diensthandy eines ehemaligen hohen Beamten des Finanzministeriums, der sich zwischenzeitlich mehr oder weniger selbst zum Verwalter der Staatsbeteiligungen ÖBAG ernannt hatte. Das Handy wurde zur Quelle reichhaltiger Informationen über den fulminanten Aufstieg eines Politstars unter zweifelhaften, möglicherweise kriminellen Methoden. Sein Name: Sebastian Kurz. 300.000 Chatnachrichten zu verschiedensten Themen sind das Ausmaß dieses Fundes. Niemand konnte damals ahnen, welche Sprengkraft diese Chatnachrichten beinhalten sollten

Bild: © APA/HERBERT NEUBAUER

Die Wirtschafts-und Korruptions-Staatsanwaltschaft ermittelt

Danach ging es Schlag auf Schlag. Zahlreiche Personen aus dem politischen Umfeld um Sebastian Kurz und der türkis-blauen Regierung gerieten ins Fadenkreuz der Korruptionsermittler und wurden plötzlich zu Beschuldigte ernannt. Aktueller Stand: sage und schreibe 22 ÖVP-Leute bzw. ihr nahe stehende Personen umfasst die Liste. Bemerkenswert, kein einziger Freiheitlicher zählt dazu. Mit dabei Finanzminister Gernot Blümel. Seine, in der Privatwohnung durchgeführte Hausdurchsuchung, wurde zum Kabarett-Lehrstück schlechthin. Das kam so: Zum Schutze des Kleinkindes durfte Gernot seine liebe Frau im Beisein der Ermittler vorwarnen, dass er und viele fremde Männer jetzt in die Wohnung kämen, worauf die Frau mit dem Kleinkind die Wohnung verließ. Später stellte sich heraus, sie hatte auch das Beweismittel „Privat-Laptop“ im Kinderwagen mitgenommen. Nur mit einigem Aufwand konnte er sichergestellt werden.
Von Gernot Blümel gibt es auch im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss viele schräge Anekdoten. So konnte er sich bei einer Befragung durch die Abgeordneten, sage und schreibe 86 Mal an Vorgänge nicht mehr erinnern, die nur wenige Monate zurücklagen. Auch konnte er sich nicht erinnern, ob er in seiner Amtszeit einen Dienst-Laptop besaß. Vermutlich spielt die Schredder-Affäre, bei der 5 Festplatten kurz vor der Abwahl des Kanzlers unter mysteriösen Umständen vernichtet wurden, eine Rolle. Natürlich auch Sebastian Kurz konnte mit zahlreichen Erinnerungslücken aufwarten. Das alles hatte nur einen einzigen Zweck: Verhinderung der Kontrollrechte durch das Parlament, der legitimen Volksvertretung. Aber es sollte noch dicker kommen.

Schon das Einsetzen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses löste ein juristisches Gezerre aus, das schließlich vor dem Verfassungsgerichtshof landete und dieser in allen Punkten der Opposition recht gab. Diesbezüglich hatten sich auch die Grünen nicht mit Ruhm bekleckert, um es vorsichtig auszudrücken.
Den Türkisen selbst war jede Spitzfindigkeit recht, den Untersuchungsausschuss in seiner Kontrollarbeit zu behindern. So wurden Akten aus den zu untersuchenden Ministerien nicht geliefert, allen voran das Finanzministerium unter Gernot Blümel. Wieder musste der Verfassungsgerichtshof einschreiten, sodass es zur skurrilen Situation kam, wonach der Bundespräsident zum Exekutor der Aktenlieferung bestellt wurde. Ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der 2. Republik, wie Alexander van der Bellen, der staunenden Öffentlichkeit verkündete. Noch am selben Tag lieferte das Finanzministerium bereits vorbereitete, sage und schreibe, 90 Umzugskartons Papierakten per Spedition, deren Sichtung viele Monate gedauert hätte. Das intrigante Spiel lautet: flute den Untersuchungsausschuss mit einem Haufen unnützen Papiers, und finde darin die berühmte Stecknadel. Sozusagen, eine Schnitzeljagd der Volksvertreter zur Kontrolle der Regierung. Zur Erschwernis dieser Aufgabe hatte sich der Finanzminister für diese Aktenlieferung die höchste Geheimhaltungsstufe ausgedacht. Damit waren die Abgeordneten in ihrer Untersuchungstätigkeit massiv eingeschränkt. Monate später sollte sich herausstellen, die Verweigerung der Kontrollrechte sollte auch den Steuerzahlern extra noch 175.000 Euro kosten. Blümel hatte sich über Gutachten zu diesen Schritten raten lassen.
Zu guter Letzt wurde der Untersuchungsausschuss bei erstbester Gelegenheit auch mit den Stimmen der Grünen abgedreht.

Lügt Kurz im Untersuchungsausschuss?

Bild:(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)

Auch das Bundeskanzleramt lieferte Akten nicht oder nur teilweise. Wieder schritt der Verfassungsgerichtshof ein. Der Kanzler Kurz verantwortete sich: „Wir haben alles geliefert was da ist, was nicht geliefert wurde, wurde vernichtet. Das können wir auch nicht mehr liefern!“ Wie weit das rechtlich in Einklang zu bringen ist bleibt vorerst offen.
Bei den Befragungen durch die Abgeordneten blieb der Kanzler bei kritischen Fragen zu seiner Mitwirkung bei den Postenbesetzungen, beispielsweise bei der Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Vorstand, immer vage. Seine Antworten fielen etwa so aus: „Ja, ich wusste davon, im Sinne, ich war informiert!“ Es sollte der Eindruck entstehen, Kurz habe mit der Bestellung von Thomas Schmid kaum etwas zu tun gehabt. In ähnlicher Weise spielte sich der Ablauf bei der Bestellung der Casino Vorstände ab. Seinen Auskünften zufolge hatte er in all diesen Vorgängen nur peripher zu tun.

Die sichergestellten Chats lieferten jedoch eine ganz andere Version der Geschichte. Nämlich, dass Kurz unmittelbar involviert war. Was ihm eine Anzeige wegen falscher Beweisaussage einbrachte und die Korruptionsstaatsanwalt Ermittlungen als Beschuldigter wegen falscher Beweisaussage nach § 288 StGB einleitete. Maximaler Strafrahmen: bis 3 Jahre Haft. Einen Rücktritt vom Kanzleramt wegen dieses Delikts schloss er dezidiert aus. Er rechtfertigte sich damit, dass er aufgrund der aggressiven Stimmung bei den Befragungen sich in die Enge getrieben fühlte und dadurch möglicherweise „versehentlich“ falsche Antworten gegeben habe.

Die Diskussion über einen möglichen Rücktritt von Kurz wegen falscher Beweisaussage war noch nicht verebbt, da platzte die nächste Bombe. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz und neun weitere Personen wegen des Verdachts der Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung. Gegen Kurz wird nach den Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 3 /StGB und Verbrechen der Bestechlichkeit nach § 304 Abs. 1 und 3 StGB als Beteiligter ermittelt. Vermuteter Vermögensschaden: Rund 1,2 Millionen Euro zum Nachteil der Republik Österreich. Sollte es zu einer Verurteilung bzw. Schuldspruch kommen, derzeit gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung, würde das wohl eine mehrjährige Haftstrafe nach sich ziehen. Der Strafrahmen beträgt bis zu 10 Jahren Haft.

Was war passiert? Dem Bundeskanzler wird vorgeworfen, dass er sich strafbarer Methoden bedient und unter anderem eine positive Berichterstattung erkauft haben soll, als Kurz ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner vom Amt putschen wollte, um selbst an die Spitze der Partei und der Regierung zu gelangen.

Diese Ankündigung war auch Werner Kogler, Vizekanzler, und den Grünen als Koalitionspartner zu viel. So verlangte er, dass die ÖVP Kurz als Kanzler zurückzieht und durch eine „Untadelige Persönlichkeit“ ersetzt. Einige Tage wehrten sich die Türkisen nach allen Regeln der Kunst Sebastian Kurz von dieser Position abzuberufen, auch er selbst war nicht bereit zu weichen. Die Opposition berief eine parlamentarische Sondersitzung ein. Einziger Tagesordnungspunkt: Misstrauensantrag gegen Kanzler Kurz. Der Großteil des Grünen Parlamentsklub hätte für diesen Antrag gestimmt und damit wäre zum zweiten Mal eine Mehrheit für den Sturz von Sebastian Kurz als Kanzler zustande gekommen. Unter diesem Druck trat er am Abend des 10. Oktober 2021 vor die Kameras und verkündete in pathetischen Worten: „Mein Land ist mir wichtiger als meine Person, daher werde ich vom Amt des Bundeskanzler beiseite (!) treten und Herrn Außenminister Schallenberg zu meinem Nachfolger vorschlagen.“ Dieser Satz darf zu Recht in die Geschichte eingehen und wird immer mit der Person Sebastian Kurz verbunden bleiben. Er ist angesichts der Tragweite der Anschuldigungen durch die WKStA gegen Kurz, an Blasiertheit und Zynismus nicht zu überbieten.

Jetzt kommt tatsächlich Frau Dr. Griss ins Spiel. Sie spricht von Selbstachtung der Bürger. Ja, das Sittenbild, das in der jüngsten Vergangenheit zutage getreten ist, wirft viele Fragen auf, wie sich Sebastian Kurz selbst und auch seine Partei dazu gestellt haben. Man fragt sich, wie viel lassen sich ehrenwerte, rechtschaffene Bürger und Wähler, die sich strikt an alle Gesetze halten von solchen politischen Köpfen und Parteien gefallen? Wird nicht gerade die bürgerliche Mitte von solchen Vorgängen vor den Kopf gestoßen? Man soll nicht vergessen, auch die ÖVP ist von den Ermittlungen betroffen. Ein klarer Schnitt wäre wohl längst überfällig. Der Schritt von Sebastian Kurz vom Kanzleramt „beiseite zu treten“, mag ein genialer Schachzug sein, der die Koalition zwischen Türkis und Grün rettete, aber mit Hygiene in der Politik hat er nichts zu tun. Wollen wir wirklich solchen Personen die „Repräsentative Demokratie“ freihändig überlassen? Nein. Leute, es gibt was zu tun!