Die ÖVP hat es immer noch nicht begriffen: Der Staat gehört seinen Bürgern und nicht mehr einem schwarz-roten Proporzsystem. Dieses ist seit den 90-er Jahren abgeschafft, als es endlich gelang, die verfassungsmäßige Mehrheit der beiden Parteien zu brechen. Vorbei ist die Zeit, als dieses Land in eine rote und in eine schwarze Reichshälfte aufgeteilt war.
Damals war es noch möglich, zwischen Staatsfinanzen und Parteikassen keinen großen Unterschied zu machen. Fakt ist, und das geben die Chats innerhalb der kleinen verschworenen Familie her, man hat mit Steuergeld den Aufstieg von Kurz finanziert. Umfragen, Berichterstattung, Meinungsbildung. Natürlich gilt bis zum rechtskräftigen Urteil, für die „nette“ Familie die Unschuldsvermutung. Aber die Vertretung der Bürger gehörte eigentlich schon heute nicht mehr in ihre Hände. Das Vertrauen ist verspielt.
Ja, das Proporzsystem ist abgeschafft, aber ihre Ausläufer reichen wie die Tentakel einer Krake noch weit in unsere Gesellschaft hinein. Bestes, jüngstes Beispiel ist Herr Prof. DDr. Lewisch und seine „hochwissenschaftliche Reinwaschung“ von jeder juristischen Beflecktheit des Ex-Ex-Kanzlers Sebastian Kurz. Die Verwendung von fremdem Briefpapier, nämlich der Universität Wien, sollte der Propagandaschrift einen wissenschaftlichen Touch zu verleihen. Dies kommt zumindest einer missbräuchlichen Verwendung nahe. Jedenfalls hat der Jurist nicht zwischen Mein und Dein unterschieden. Und zwar zwischen seiner juristischen Privatmeinung zu einer Strafrechtssache und der öffentlichen Institution, der er dient. Als Jurist sollte er diesen Unterschied wohl kennen. Es ist zumindest genauso verwerflich, wie sich Kurz offensichtlich über Steuergelder eine tolle Berichterstattung für seinen Aufstieg bezahlen ließ. Wie gesagt, offensichtlich, wenn man den Chats vertrauen kann. Sehr wahrscheinlich: Ein Schöffengericht wird über diese Frage entscheiden. Strafandrohung für die Beteiligten: bis zu 10 Jahre Haft. Gutachten hin oder her.
Die Universität Wien hat umgehend eine Stellungnahme veröffentlicht:
Stellungnahme der Universität Wien zum Gutachten von Prof. Peter Lewisch für Rechtsanwalt Werner Suppan
Prof. Lewisch hat bestätigt, das Gutachten als Professor geschrieben zu haben. Eine erste Stellungnahme hat Prof. Lewisch am Samstag, 13.11., übermittelt: „ich komme zurück auf das Thema meines als Professor der Universität Wien erstatteten Gutachtens. Das Gutachten trägt den Briefkopf mit meinem Namen und jenem des Instituts und damit auch das Logo der Universität. Eine Nebenbeschäftigungsmeldung für dieses Gutachten habe ich versehentlich nicht vorgenommen.“ Prof. Lewisch hat die Gelegenheit zu einer zeitnahen, ausführlichen Stellungnahme bekommen. Über etwaige Folgerungen wird zeitnah, nach Übermittlung der Stellungnahme von Prof. Lewisch entschieden.
Die Logo-Verwendung ist dienstlichen Erfordernissen vorbehalten. Eine entgeltliche Nebenbeschäftigung fällt nicht in diese Kategorie. Das Logo wäre im konkreten Fall nicht zu verwenden gewesen.
Es handelt sich um ein persönliches Gutachten, nicht um eines der Institution. Auch wenn aus anderen Disziplinen (wie etwa den technischen Wissenschaften oder der Medizin) Gutachten erstellt werden, wird niemals nahegelegt, dass es sich dabei um eine institutionelle Äußerung handeln könnte.
Damit ist wohl die Aussagekraft dieses 17-seitigen Papierchens ad absurdum geführt. Genauso gut könnte sich in Zukunft jeder Hendldieb bescheinigen lassen, das geschlachtete Huhn sei ihm in selbstmörderischer Absicht zugelaufen. Er habe nur Beihilfe zum Suizid geleistet. Diese wird demnächst straffrei.